Im Naturpool von Tamaduste, musste ich schmerzhafte Erfahrung mit einer Qualle machen. An so vielen Orten, rund um den Globus, waren wir schon geschnorchelt und hatten nie engeren Kontakt zu giftigen Meeresbewohnern. Heute war es also soweit. Der leuchtend blaue und durchsichtige Körper der Qualle verhieß nichts Gutes. Ich dachte mir: „Scheiße, das scheint eine Feuerqualle gewesen zu sein.“

Aus dem Wasser raus erzählte ich Frank sofort davon, der meinte, dass ich die Stelle mit Wasser abwaschen soll. Am kleinen Finger befanden sich auf der Fingerkuppe kurze blaue Fäden (Tentakel), die sich gar nicht richtig abwaschen lassen wollten. Aber der kleine Finger schmerzte wenigstens nicht. Während ich zur Dusche geeilt war, hatte Frank das Internet befragt. Meereswasser statt Salzwasser soll helfen, aber auch Essig oder Rasierschaum. Was das Internet alles für schlaue Lösungen bereithält.

Wir kehrten also zu Allmo zurück und wählten zunächst die Rasierschaum-Variante. Während ich mit dem eingeschäumten Finger auf dem Höckerchen saß, befragte ich das Internet. Je nachdem mit welcher Qualle man in Berührung kommt, ist eine andere Behandlung sinnvoll/notwendig.

Mit den Suchbegriffen „blaue Qualle Kanaren“ waren wir auch schon schlauer, um was es sich für ein Tier handelte. Eine portugiesische Galeere. Hochgiftig und wenn man ganz viel Glück hat, dann überlebt man den Kontakt mit ihr nicht. Wie beruhigend.

Bei dem Kontakt mit der portugiesischen Galeere soll die Stelle mit Meerwasser gespült und die Tentakel vorsichtig mit einer Pinzette oder den Fingerkuppen (da soll das Gift der Tentakel nicht so gut eindringen können) entfernt werden. Anschließend soll die betroffene Stelle mindestens 15 Minuten in heißem Wasser (mind. 45 Grad) gebadet werden, wodurch irgendwelche Giftstoffe neutralisiert werden.  Also runter mit dem Rasierschaum, der mir ehr nicht guttat und rein mit den Fingern in heißes Wasser. Tentakel waren keine zu sehen.

Während ich die Finger badete, hatte ich den Eindruck, dass ich im Oberarm ein dumpfes Gefühl bekomme. Und da ich ja dann eher vorsichtig bin und das Internet keine schlaue Antwort bereithielt, wie schnell allergische Reaktionen auf das Nesselgift, wie Kopfschmerzen, Erbrechen, Atemnot oder Herzstillstand eintreten können, fuhren wir nach Villa de Valverde.

Die Inselhauptstadt lag nur 10 Kilometer entfernt und dort gab es ein Krankenhaus. Frank warf mich auf der Straße raus und parkte Allmo dann in aller Ruhe ein.

Anstatt ins Hospital ging ich in das angrenzende Centro de Salud. Die Dame am Empfang sprach nur spanisch. Aber Worte wie Wasser und ein Foto von einer portugiesischen Galeere schienen zu reichen. Natürlich kam dann die Frage nach der europäischen Versichertenkarte, die für uns ja im Moment nicht gilt, weil wir eine private Auslandskrankenversicherung haben. Davon wollte sie dann den Versicherungsschein sehen, den ich bei Allmo holen ging. Wie gut, dass die Wege kurz waren.

Doch damit konnte sie dann doch nichts anfangen. Ich füllte einen Bogen mit meinen persönlichen Daten aus, und musste nachher noch irgendeine Erklärung unterzeichnen, die sehr wichtig wäre (mas importante). Irgendwas hat es mit der Bezahlung zu tun, aber so ganz habe ich es nicht verstanden. Wenn irgendwann irgendwelche Post nach Hause kommt, werde ich mich dann damit beschäftigen müssen und solange das sehr wichtige Dokument gut aufbewahren.

Irgendwann rief mich die Krankenschwester, die – zu meiner sehr großen Erleichterung – englisch sprach. Ich versuchte mich dennoch ein wenig im Spanischen. Um sicher zu gehen, dass es sich tatsächlich um die Verletzung (die Stelle war am Finger gut sichtbar) einer portugiesischen Galeere handelt, zeigte sie mir ein Foto. Ja, so sah das Tier aus, nur die Tentakel konnte ich nicht sehen, nur den Körper.

Sie ließ eine Flüssigkeit über die beiden Finger laufen, auch sie fand keine Tentakel und drückte mir anschließend einen Eisbeutel in die Hand.  Wie das Internet bestätigte auch sie, dass man nie Frischwasser zum Abspülen nehmen sollte, sondern Meerwasser. Berührungen der betroffenen Stelle und Frischwasser würden irgendwas dazu bringen noch mehr zu brennen. Fürs nächste Mal wissen wir Bescheid, hoffen aber, dass es dieses nicht geben wird.

Allergische Reaktionen stellen sich laut der Krankenschwester innerhalb der ersten 5 bis 10 Minuten ein, so dass ich eigentlich nach nunmehr 2 Stunden nicht mehr mit irgendwelchen allergischen Reaktionen oder weitergehenden Beschwerden rechnen müsste.

Sie wollte noch die Ärztin befragen, ob ich ein Antihistamin einnehmen soll, oder ob eine Salbe ausreicht. Es dauerte eine Weile, bis die Ärztin frei war und diese kam zu dem Entschluss, dass eine Salbe ausreicht. Vor Ort bekam ich die Finger direkt eingecremt und für später und/oder morgen noch etwas Creme (in eine Spritze abgefüllt) mit auf den Weg. Diese soll ich nur anwenden, wenn der Finger wieder schmerzt.

Wenn doch noch weitere Beschwerden auftreten sollten, dann soll ich die Notaufnahme vom Hospital aufsuchen. Dort gäbe es dann auch entsprechende Notfall-Medizin. Ich ließ mir noch einen medizinischen Bericht für die Auslandskrankenvesicherung mitgeben (sicher ist sicher) und dann war ich entlassen.

Die Krankenschwester erzählte mir noch, dass heute Dienstag der 13. wäre, woraufhin ich meinte, dass es doch Freitag der 13. ist, der Unglück bringt. In Spanien ist allerdings der Dienstag der Unglückstag. Wieder was dazugelernt.

Auf meine Nachfrage erzählte sie, dass die portugiesische Galeere eigentlich nicht auf den Kanaren lebt. Sie werden ab und an hierhin geschwemmt, wenn Schiffe auf dem Meer durch einen Schwarm fahren und dann welche von den Viechern mit den Wellen abdriften. Es ist also eher Zufall, auf eine zu treffen.

Morgen wären wir eh nach Valverde gefahren, so dass wir entschieden in Krankenhausnähe zu bleiben. Nur für die Nacht zurück nach Tamaduste zu fahren und morgen wieder nach Valverde, wäre ja total unökologisch. Und so war das Krankenhaus nur wenige Meter entfernt, falls sich doch noch weitere Beschwerden zeigen. Wir parkten Allmo nur auf eine andere Straße um, die in einer Sackgasse endete.

Dort kamen wir kurz drauf mit unserem belgischen Camper-Nachbarn ins Gespräch. Irgendwann erzählte ich von meinem Kontakt mit der portugiesischen Galeere, woraufhin er dann meinte, dass er heute in Tamaduste gesehen hatte, wie ein Mann im Neoprenanzug im Wasser nach irgendetwas fische und eine Frau vom Beckenrand immer auf irgendwas im Wasser zeigte. Interessanterweise war das ungefähr eine Stunde, nachdem ich den unerfreulichen Kontakt hatte. Vielleicht schwammen noch mehr von den hochgiftigen Viechern dort herum und irgendjemand hat irgendwen darüber informiert. Das Becken wird nur von Juni bis August bewacht, so dass wir niemanden ansprechen konnten. Dann wäre meine Erstversorgung auch vernünftiger erfolgt. Aber so scheint irgendwer anders „Alarm“ geschlagen zu haben.

Frank hatte während meiner Zeit im Centro de Salud bereits das Brot gebacken und später für uns Nudeln mit Hackbällchen in Tomatensauce gekocht. Auch den Abwasch übernahm er heute. Nur Tagesbericht tippen wollte er nicht.

Mein verletzter Finger war auch nicht so begeistert über das Tippen und fing wieder an zu pochen. Verspannungen im Nacken bildete ich mir im Laufe des Abends ein. Wie muss es Hypochondern in solchen Situationen gehen?

Ich cremte meinen Finger ein und fiel früh ins Bett. Irgendwie war ich ganz schön fertig.

Nachtrag: Interessanterweise entdeckte ich 9 Tage später, dass der Stadtrat von Valverde am 19. Februar vor Quallen im Naturschwimmbad in Tamaduste warnte bzw. dazu aufforderte, dort nicht ins Wasser zu gehen. Reichlich spät.

tbc

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert