Wir bogen von der SH54 in Richtung des Biza Lake ab. Durch das Gelände führten tatsächlich mehrere Wege. Vermutlich wurde immer mal wieder eine neue Fahrspur geschaffen, wenn die alte zu schlecht befahrbar war. Wir durchfuhren ein paar Wasserstellen. Kurz vorm Ziel wurde es dann arg matschig. Direkt neben mir befand sich eine tiefere Wasserstelle, vor uns in Sichtweite zwei sehr matschige Durchfahrten. Ich kapitulierte und musste dann erst noch mit Frank diskutieren, dass ich da nicht durch will. Dabei hatten wir eigentlich mal gesagt, dass ich jetzt so viele Pisten tapfer mit ihm gefahren bin und wenn ich irgendwann nicht weiter will, dann soll er es ohne Murren akzeptieren. Das klappte schonmal nicht. Er murrte, gab sich aber geschlagen.
Vermutlich waren die Ohren jetzt auf Durchzug, denn auf meinen Hinweis, dass er nicht weiter in meine Richtung fahren darf, legte er den Rückwärtsgang ein (was ich ja so erst mal nicht wusste) und als wir dann ein kleines Stück rückwärts fuhren, war es auch schon geschehen. Wir steckten mit meinem Hinterrad im Matsch und kamen nicht mehr raus. Meine Begeisterung hielt sich sehr in Grenzen. Warum?!?!?! Frank stieg aus und seine Miene verriet nichts Gutes.
Beim Abendessen wollte Frank mir dann weiß machen, dass ich ja umdrehen wollte und er deswegen rückwärts gesetzt hätte. Außerdem wäre bei ihm eine Kante oder ein Stein gewesen. Um keine Ausrede war er verlegen! Als ob ich zum Spaß auf Abgründe, Auswaschungen, Gräben oder eben ein zu tiefes Wasserloch hinweisen würde. Ich dachte aus der Sache mit dem Graben in Bosnien hätten wir gelernt. Aber dem war wohl nicht so. Abgesehen von der imaginären Kante war jeder Menge trockne Fläche an seiner Seite und bei mir nicht!
So, nun aber der Reihe nach. Während ich die Spaten heraussuchte, holte Frank die Sandbleche aus der Dachbox. Er schaufelte ein wenig von dem Morast weg, um den Hinterreifen frei zu bekommen. Wasser lief natürlich wieder nach, was die Aktion nicht unterstützte. Während die Vorderreifen ganz gut standen, musste das Hinterrad auf der Fahrerseite definitiv mit einem der Sandbleche unterstützt werden. Auf meiner Seite passte das Sandblech leider nicht vor den Reifen. Der Reifen war zu tief im Schlammloch verschwunden und dann war der Versatz zur Böschung zu hoch. Das Sandblech passte so nicht vor den Reifen.
Vorsichtshalber legten wir das Sandblech vor den rechten Vorderreifen. Frank gab Gas, doch der Reifen im Matsch drehte einfach nur durch. Zu allem Ärger wollte die Sperre auch nicht reingehen.
Wir versuchten es mit unseren Hölzern, die wir sonst zum Auffahren nutzen, um gerade zu stehen und legten die vor den Hinterreifen. Natürlich musste Frank dafür zunächst wieder etwas Schlamm wegschaufeln. Doch es nützte immer noch nichts. Das Hinterrad wollte sich nicht aus dem Schlamm-Massel befreien lassen.
Ich sammelte an dem kleinen Flusslauf Steine, die wir zum Verdichten nehmen konnten und vielleicht würden sie helfen etwas Grip unter den Reifen zu bekommen. Darüber die Hölzer und dann noch das Sandblech. Doch wieder scheiterten wir.
Frank wollte sich über unsere Erfolgsaussichten nicht so richtig aussprechen, so dass ich entschied, dass es Zeit ist Hilfe zu holen. Vielleicht würde der IVECO noch an dem Militärgelände stehen. Der wäre unsere Rettung. Mein Handy hatte ich dabei, um Fotos zeigen zu können. Mit Händen und Füßen wäre es sonst wohl schlecht zu erklären, was ich will.
Ich nahm keine Rücksicht auf die Wasserdurchfahrten, ich zog nur meine Leggins etwas höher. Treckingsandalen hatte ich eh an, nur die Socken (ja, es war am Morgen frisch und da hatte ich mir Sneaker-Socken angezogen) wurden triefend nass. Mehrere Male stapfte ich durch das Wasser. Eine Schafherde sah mich ganz merkwürdig an, warum ich strammen Schrittes und mit nassen Füßen deren Weg kreuzen musste. Ein Schäfer war nicht zu sehen.
Ich bog auf die Hauptstraße ab und nahm Kurs auf das Militärgelände. Ich war schon ein ganzes Stück gelaufen, als ich an einer anderen Schafherde mit Schäfer vorbei kam. Der junge Mann hielt zunächst seine Hunde zurück und signalisierte mir „Daumen hoch“. Ich sprach ihn an, ob er englisch könnte. Was nicht der Fall war. Ich zeigte ihm ein Foto. Er wollte wissen, wo das ist, was ich ihm bei Karten-Gockel zeigen konnte. Er signalisierte mit Daumen hoch, dass er mein Problem verstanden hat. Sagte „Camion“ und zeigte auf das Militärgelände. Genau das wollte ich: einen Militär-LKW. Wir verstanden uns. Nachdem er seinen Hüte-Hunden Befehle gegeben hatte, machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Militärgelände. Wir waren schon ein Stück gelaufen, als ich plötzlich ein Tatü-Tata wahrnahm. Das ist Allmo! Und das kann nur eins bedeuten: Frank hat sich befreien können. Ich versuchte dem Herrn zu sagen, dass das ein gutes Zeichen war „mire“. Gespannt schaute ich in die Richtung, aus der ich kam. Doch die erste Staubwolke brachte Ernüchterung. Es war ein SUV. Doch dann gab’s eine erneute Staubwolke und siehe da: Allmo kam angebraust. Man was war ich glücklich. Der Hirte unterhielt sich mit den SUV-Fahrern, die schienen sich zu kennen.
Wir bedankten uns für die angebotene Hilfe. Er hätte mich ja auch allein weitergehen lassen können. Von daher fand ich das super nett, dass er seine Herde zurückgelassen hatte, um mit mir einen LKW aufzutreiben.
Frank hatte natürlich alles stehen und liegen gelassen, nachdem er Allmo aus dem Schlamm-Massel befreit hatte und wir mussten noch aufräumen fahren. Echt jetzt? Wieder durch den ganzen Sch… Meine Begeisterung tendierte gegen Null. Verständlich, dass Frank mir schnellstmöglich mitteilen wollte, dass er aus allein geschafft hatte aus dem Schlammloch herauszukommen, bevor ich das ganze Militär aufgeschreckt hätte. Winkend fuhren wir an dem Hirten vorbei.
Vor den Wasserdurchfahrten durfte oder viel mehr musste ich aussteigen und diese filmen. Meine Füße, Socken, Schuhe waren ja eh nass, so dass ich einfach durchs Wasser hinter her lief. Wenn nass, dann richtig.
Das angerichtete Chaos hielten wir in Fotos und Filmen fest. Frank säuberte die Spaten, Holzbretter und Sandbleche im Fluss. Wobei der das krumme Sandblech zweimal waschen musste. Denn nachdem er mit Allmo zweimal vorwärts und rückwärts drüber gefahren war, damit es wieder etwas weniger gebogen ist, musste er es nochmal waschen.
Wie hatte er sich nun von selbst aus dem Schlamm-Massel befreien können? In dem er noch tiefer hinein fuhr. In der damit entstandenen freien Fläche konnte er vor dem Reifen die Hölzer und das Sandblech platzieren. Und schon war er draußen. Allerdings ging die Sperre immer noch nicht. Auf der großen trockenen Fläche zu seiner linken war jede Menge Platz um ohne Schwierigkeiten zu wenden, ab durch die Wasserlöcher und schnellstmöglich in meine Richtung. Ein wenig war er tatsächlich erstaunt, dass ich noch nicht weitergekommen war. Hallo, das war schon ein ganzes Stück zu laufen. Auf die Uhr hatte ich allerdings nicht gesehen, wie lange ich schon unterwegs war. Immerhin lässt sich anhand der Uhrzeit bei den Fotos erkennen, dass wir ungefähr eine Stunde benötigten, um uns aus dem Schlamm-Massel zu befreien.
Während Frank die Sache sportlich nahm, so nach dem Motto „ging ja doch schnell“, war meine Laune auf einem Tiefpunkt. Es war eine mehr als unnötige Situation, wenn er mir denn zugehört hätte.
Emma, die schon an dem Monument anfing herumzumaunzen, verstand die Welt nicht. Drei Stunden später war sie immer noch unzufrieden. Es gab kein neues Futter, keinen Schoß zum Kuscheln und hinzukam auch noch die leichte Schieflage. Die arme Katze.
Ein letztes Mal durchfuhren wir die Wasserstellen und stellten uns in Sichtnähe zur SH54 auf eine recht ebene, von Schaf-Köteln überzogene, Fläche. Emma durfte endlich nach hinten und bekam ihre Mittags-Medizin und Futter. Frank stellte die Hölzer in die Sonne zum Trocknen. Ich legte meine Socken und die Sandalen dazu. Krampfhaft musste ich nun in Flip Flops laufen. Das ist ja so gar nicht mein Ding.
Inzwischen war es Zeit für eine warme Mahlzeit. So lässt sich also Brot sparen. Die schon aufgetauten Schnitzel können wir nicht länger aufbewahren, also gab es heute wieder Burger. Ich gab noch den Brotteig in den Ofen. Frank meinte, dass der Teig richtig schön gegangen wäre. Das Geschaukel hätte dem Teig bestimmt gut getan. Ich sah ihn daraufhin nur giftig an. Vielleicht lag es ja auch daran, dass der Teig mehr als sechs Stunden gegangen ist. Natürlich gönnten wir uns auf den „Schrecken“ ein Pinnecken Trauben-Likör.
Bevor die Sonne hinter dem Berg verschwand, räumten wir die Hölzer und Sandbleche vernünftig weg. Frank kam dann noch auf die Idee, den Dieseltank umzupumpen, damit wir das Morgen nicht machen müssen. Allerdings war er dann nicht so ganz aufmerksam und pumpte zu viel Diesel um. Und dummerweise hatte er auch nicht bedacht, dass unser Riss im Tank vielleicht doch nicht so ganz richtig abgedichtet ist und siehe da: der Diesel floss aus dem Riss hinaus. Jetzt wurde er hektisch. Der Kleber musste her, und das grüne Klebeband (dies ließ sich aber nicht auftreiben.
Emma und ich wurden aus der Doka verbannt, damit Frank die kippen konnte. Also saßen Emma und ich im Koffer und warteten darauf, dass Frank fertig wurde. In geübter Praxis ließ er den Motor laufen, damit er über das Rücklaufventil vom Motor den Diesel vom Haupttank abzapfen und in den Zusatztank kippen konnte. Das auch diese Aktion total unnötig war muss ich wohl kaum erwähnen.
Wenn’s nicht rund läuft, dann so richtig. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist, passt es aber zu dem Tag. Ich gab Emma hinten etwas von der Malzpaste, wollte den Deckel wieder draufschrauben und es macht „knack“. Das war’s mit dem Deckel, hilft nur noch Klebeband.
Auch bei der Sandschaufel-Aktion vor ein paar Tagen war nicht alles heil geblieben (hatte ich gar nicht von berichtet). Als ich die Schaufeln rausholen wollte (die befinden sich unter der Sitzbank in der Doka), war Durchzug, weil Franks Fenster offen war. Ich also in die Doka rein, versuche die Tür hinter mir zuzuschlagen, was irgendwie nicht ging. Schlag sie nochmal zu, ging wieder nicht. Und dann sah ich, dass durch den Wind der Ärmel meiner Fleecejacke in der Tür hing. Abgesehen vom Schmierfett hatte ich mir auch noch ein paar kleine Löcher in den Ärmel „zugezogen“.
Während ich den Bericht tippe, liegt Emma auf meinem Schoß und erholt sich von den Strapazen des Tages. Hoffentlich schläft sie nachher auch an mich gekuschelt, denn ich will auch mal wieder in Ruhe schlafen. Das Kuschelbedarf besteht ist außer Frage: Wir befinden uns auf 1200 Metern Höhe. Auf eine der Schlamm-Massel-Pfützen war sogar eine dünne Eisschicht. Scheint nachts kalt zu werden und wo keine Sonne hin kommt bleibts länger eisig.
Dienstag, 5. November 2024
Irgendwie klappte es diese Nacht ganz gut mit Emma und mir und somit bekam ich tatsächlich etwas Schlaf. Morgens herrschte eine klirrende Kälte. Als Frank beim Einschalten der Heizung einen Blick nach draußen warf, war alles um uns herum mit Raureif überzogen. Unsere Thermometer zeigten Temperaturen jenseits von Gut und Böse an. Im Koffer waren es 0,6 Grad. In der Doka -4,8. Der Motor hatte eine Temperatur von 0,6 Grad. Ich sag ja: es war bitter kalt.
Während wir mit dem Aufstehen warteten, bis es im Koffer etwas wärmer war, brachte die Sonne nach und nach den Raureif zum Schmelzen. Nur in Allmos Schatten war die Wiese noch weiß.
Irgendwann nach dem Frühstück brachen wir auf. Mal sehen, was uns heute noch so erwarten würde.
tbc