
Ich war unschlüssig, ob wir den Anezal Rundkurs aus dem Buch der Pistenkuh (HAR) fahren sollen oder nicht. Das erste Drittel soll durch eine interessante Landschaft führen, danach wird’s laut Beschreibung langweiliger.
Manchmal sollte man auf sein unbewusstes Bauchgefühl hören und es sein lassen. Doch das taten wir nicht. Was könnte bei 30 Kilometern Piste schon schlimmes passieren?
Ungefähr einen Kilometer waren wir gefahren, als irgendetwas „Pling“ machte. Es hörte sich an, als wenn unter Allmo eine Schraube abgefallen und beim Fallen gegen Metall geschlagen wäre. Frank stieg aus, konnte aber nichts Ungewöhnliches sehen und auch nichts auf der Piste finden.
Wir waren gerade Mal zwei Kilometer auf der Piste gefahren, als es an der Fahrerseite einen Randabbruch gab und an meiner Seite war kaum Ausweichmöglichkeit, weil dort eine Böschung mit scharfen Steinen war. Frank manövrierte uns so weit wie möglich zu meiner Seite und schon hatten wir das „Hindernis“ überwunden.
Vielleicht hätte ich zu dem Zeitpunkt auf die Reifen auf meiner Seite schauen sollen, statt nur ein Foto von dem Randabbruch zu machen, wie Frank es mir vorschlug (wobei die Stelle auf dem Foto total unspektakulär wirkte). Frank fuhr nach meinem Empfinden langsamer als sonst. Ich sprach ihn nicht darauf an, aber für mich war klar, dass er mehr auf die Reifenflanken achtete als sonst.
Wenige Meter später räumte Frank ein paar kleinere Steine auf seiner Seite weg, weil bei mir ein etwas größerer Stein hochkant stand.
Gerade Mal drei Kilometer waren wir vom Teer runter, als wir auf meiner Seite ein sehr böses Zischgeräusch vernahmen „pfffffffff“. Mit meiner Seite befanden wir uns in einer Auswaschung und Frank sah zu, dass wir dort raus und auf eine grade Ebene kamen. Diese befand sich zum Glück in der nächsten Kurve, vielleicht 50 Meter entfernt. Das Reifendrucksystem piepste wie wild, das Zischen hörte nicht auf. Frank schaffte es gerade noch Allmo von der Fahrspur runterzustellen.
Ich stieg aus: Jackpot! Der hintere Reifen war platt (aber nur unten 😉 ) und etwas von der Felge gerutscht. Die nächsten drei Stunden waren wir damit beschäftigt. Die diesen Sommer neu gekauften Hebekissen erwiesen sich als eine gute Investition. Zwei der vier Kissen benötigten wir, um Allmo aufzubocken. Zusätzlich noch Hölzer und Steine (davon gab es an der Piste genug).
Frank überlegte, ob wir den Gummi irgendwie von der Felge (Montiereisen haben wir keine, werden wir aber kaufen, sobald wir zurück sind) und das neue Reifengummi auf die Felge bekommen. Oder ob wir tatsächlich unser Reserverad ablassen müssen.
Natürlich musste das Reserverad runter. Vier Reisen war es nur als Deko an Allmos Heck befestigt. Wir hatten es noch nie runtergelassen. Drauf hatten wir es mit einem Bekannten, der einen Frontlader besitzt, gehoben. Jetzt wurde es also spannend. Frank sah schon die Schlagzeile vor sich „Deutscher Tourist von eigenem Reserverad erschlagen“. Doch so weit kam es nicht.
Doch es brauchte viel Zeit, Geduld und Nachdenken, bis wir das Reserverad endlich unten hatten. Die Seilwinde funktionierte einwandfrei, doch bis wir diese nutzen konnten, mussten diverse Schrauben bzw. Muttern gelöst werden. Auch die Kunststoffsandbleche mussten demontiert werden, um die Seilwinde bedienen zu können.
Und wäre unsere Rückfahrkamera, die sich unter dem Reserverad befindet, nicht an der Stelle montiert gewesen, dann wäre die ganze Aktion ein wenig einfacher gewesen. Ach ja, die Schrauben, mit denen das Rad befestigt waren, waren natürlich auch sehr lang und das Rad musste etwas weggehebelt werden, bevor es auch nur ansatzweise von den Schrauben hüpfen konnte. Aber egal, wir hatten es irgendwann geschafft und das Rad war unten.
Schlau wie wir waren, hatten wir 2021 die Schlaufe mit der Öse durch eines der Felgenlöcher gezogen. Damit das Rad auch ganz sicher nicht runterfallen kann. Wobei die Muttern und Kontermuttern das auch schon verhindert hätten. Daher musste die ganze Seilwinde auseinandergenommen werden, bevor das Rad endlich frei war.
Ganz wohl war mir nicht, dass dieses alte Rad (wir hatten es von der Feuerwehr dazubekommen, als wir Allmo 2017 in Füssen abgeholt hatten) nun montiert wird. Aber es half ja nichts. Im Reifenwechseln ist Frank inzwischen Profi. Schließlich müssen wir jedes Jahr für den TÜV irgendwas an den Bremsen verbessern, so dass die Räder regelmäßig runter sind.
Uns beiden war klar, dass wir mit diesem Ersatzrad nicht den Rest der Reise fahren werden. Sobald es möglich ist, werden wir den beschädigten Reifen kleben (wenn noch Hoffnung besteht – der Riss in der Flanke ist gewaltig) und auf die Felge des jetzigen Ersatzrads ziehen lassen. Das Ersatzgummi aus der Dachbox kommt auf die Felge des kaputten Reifens und das Reifengummi des bisherigen Ersatzrads wird in der Dachbox eingelagert. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht.
Ach, ganz vergessen: Zu Anfang war nur der platte Reifen, aber keine Beschädigung zu sehen. Ich ging zurück zu der Stelle, bei der es anfing zu zischen. Und vermutete, dass wir uns die Flanke von innen beschädigt hatten, weil in der Auswaschung ein gefährlich aussehender Stein lag und unser Reifenprofil deutlich zu erkennen war. Doch als Allmo aufgebockt und der Reifen nicht mehr platt war, war eindeutig ein Riss zu erkennen, der durch’s Gummi durchging.
Ob von der Innenseite auch noch was kaputt war, haben wir später nicht mehr drauf geachtet. Frank meint ja, dass wir zu schnell die Luft verloren hätten, was dafür sprechen würde, dass zuerst das Ventil undicht war und wir uns den Reifen erst bei der Weiterfahrt zerstört haben. Vielleicht hatte der aber vorher schon einen Riss (womöglich von der Stelle einen Kilometer zuvor), der nun zu einem Krater wurde. Mühselig darüber zu rätseln. Geschehen ist geschehen.
Ich ärgerte mich, dass wir überhaupt auf diese Piste gefahren waren. Ja, die Landschaft war bisher schön gewesen. Doch der Zustand der Strecke bereitete mir bereits nach zwei Kilometern Sorgen und nun nach dem der Reifen hinüber ist, weiß ich gar nicht mehr, wie es morgen weitergehen soll. Umkehren ist irgendwie keine Lösung, dann müssten wir wieder an dem kleinen Randabbruch vorbei, der sich dann auf meiner Seite befinden würde. Und zudem würden wir das Risiko eingehen, eventuell die Flanken auf der Fahrerseite zu beschädigen. Also kann ich nur hoffen, dass die restlichen 27 Kilometer entspannter werden.
Wie anfangs erwähnt, waren wir drei Stunden mit allem beschäftigt. Immerhin war es trocken und die Sonne schien. Nur der Wind hatte recht bald aufgefrischt und war sehr unangenehm. Frank war noch zum Telefonieren verabredet und konnte immerhin vorher noch seine Hände sauber waschen und das Dachzelt aufbauen. Ich schnibbelte während des Telefonats die Salatzutaten (Grüner Salat – sehr sandig, Avocados, Mango, Feta). Das dauerte fast genauso lang, wie Frank telefonierte. Danach aßen wir den Salat mit der zweiten Portion des gestern angebratenen Hühnchen-Mett.
Irgendwie hatten wir uns den Tag anders vorgestellt. Die einzigen Fahrzeuge, die während unserer Reifenwechsel-Aktion vorbeifuhren, waren Jäger. Der Fahrer des ersten SUV fragte das übliche „Ca va“. Aber er wollte gar nicht ehrlich wissen, wie es uns geht und ich zeigte eher eine „so lala-Geste“, was er gar nicht registrierte und schon weiterfuhr. Der Beifahrer des zweiten SUV sprach direkt Englisch mit uns (nach einem Blick aufs Kennzeichen).
Ihm erzählten wir dann, dass wir einen platten Reifen haben und nun gucken müssen, dass das Ersatzrad irgendwie runterkommt. Er bot direkt seine Hilfe an, was wir dankend ablehnten. Wir wussten ja selbst noch nicht, wie wir das Ding am Besten nach unten bekommen. Von ihm erfuhren wir auch, dass sie Kaninchen und irgendwelche Vögel jagen. Und dass es hier in der Gegend Wölfe gibt (die jagen sie nicht). Sie würden die Nacht in der Gegend verbringen und wir könnten hier auch sicher stehen. Was anderes hatten wir auch nicht gedacht.
Das wir etwas schief standen, juckte uns nach der ganzen Arbeit nicht mehr. In der Nacht mussten wir mit dem Kopf am Fußende schlafen, damit uns das Blut nicht in den Kopf lief. Aber das machte uns nichts. Irgendwie war es dadurch sogar wärmer, weil dort ja nur eine kleine Fläche vom Dachzelt ist.
Sonntag, 30. November 2025
Dick eingepackt mit Unterdecke, Bettdecke und zwei Kuscheldecken war es auf rund 1800 Metern in der Nacht angenehm.
Frank fand es am Morgen auch draußen gar nicht so kalt. Der Wind hatte bereits am Abend nachgelassen. Dennoch frühstückten wir innen. Sonntags gibt’s immer frisch gekochte Eier. Doch heute wollte uns der Eierkocher veralbern. Viel zu früh piepste er. Das Wasser war noch gar nicht weggebrutzelt und Frank schüttelte ein Ei, welches sich flüssig anhörte. Es half nur ein: Pfanne an und daraus Spiegelei auf Toast gezaubert. Natürlich waren die Eier noch flüssig.
Für mich war das ein schlechtes Omen für den Start in den Tag. Bereits in der Nacht hatte ich schlecht geschlafen, weil ich mir zu viele Gedanken über den heutigen Pistenverlauf machte. Und natürlich waren wir noch keinen Kilometer gefahren, als wir erneut mit einem Randabbruch auf der Fahrerseite konfrontiert wurden. Beide Abbrüche waren durch Wasserläufe entstanden. Wir warfen ein paar Steine von der Beifahrerseite auf die Fahrerseite, um die kleine Senke hinter dem Abbruch etwas zu glätten.
Während Frank die Stelle passierte, stand ich mit dem Walkie Talkie draußen. Alles verlief gut. Viele Auswaschungen in Fahrtrichtung mussten wir heute passieren. Immer beäugten wir die Steine an den Seiten, ob sie uns bzw. Allmos Reifen gefährlich werden könnten. Ein paar Mal sammelten wir Steine und legten sie zur Seite. Es gab noch einen kleinen Graben, der mit Steinen gefüttert war. Dort richtete Frank auch ein wenig die Spur.
Irgendwann wurde die Piste besser. Auch wenn wir weiterhin langsam vorwärtskamen. Wir hatten ja Zeit und was wir heute nicht fahren, fahren wir Morgen. Das ist der Vorteil, wenn man entschleunigt reist.
Und dann blickten wir auch schon auf das Dorf Tizgaouine hinunter und entdeckten dahinter eine asphaltierte Straße. Ich freue mich wie sonst was. Aus 31 km Piste waren soeben 14 Kilometer geworden. Wir mussten nur noch durch das Dorf. Natürlich hatten sich Kinder schon an zwei Stellen gesammelt. Von einem Jungen war das Wort „Ballon“ zu vernehmen. Nein, wir haben keine Ballons dabei. Ansonsten waren sie aber eher zurückhaltend und wir kamen gut durch die nördliche Bebauung. Und schwupp waren wir auf Asphalt.
Vor lauter Freude über den Asphalt achtete ich nicht auf den Track und wir verpassten vielleicht die Möglichkeit nochmal für ein Stück auf die Piste abzubiegen. Mir war’s egal. Frank auch. Wir folgten der Straße nach Tanzalin und durch das Dorf durch.
Die Arbeiten an dieser neuen Straße sind noch nicht vollständig abgeschlossen. Es fehlt noch der Randabschluss mit dem Graben für Regen-/Schmelzwasser.
Hinter Tanzalin sahen wir, wo das Stück Piste, was uns entgangen ist, ausgekommen wäre. Von dieser Seite gab es also noch einen Zugang. Ein kleines Stück fuhren wir dann doch noch auf einer geschobenen sehr breiten Piste. Die Asphaltstraße verlief etwas weiter südlicher und machte dann einen Bogen, um ein wenig nördlich des Tracks auf die Hauptstraße N10 zu treffen.
Was also von dem Anazal Rundkurs (HAR) übrig geblieben ist, dass sind 14 Kilometer Piste, die vermutlich nicht mehr Instand gehalten werden.
Die Landschaft war bis zum Ort Tizgaounie interessant. Die Auswaschungen kein Problem (wenn man bzw. frau nicht die Sorge wegen der Reifenschäden gehabt hätte). Nur die beiden Randabbrüche auf den ersten vier Kilometern waren etwas spannend.
Tbc














































































































































































































































































































































































































