
Eigentlich sollte der Bericht „Notfall mit Emma“ heißen.
Wir lagen kaum eine Stunde im Bett, als Emma anfing unruhig zu werden. Sie schrie permanent. Wollte wiederholt ein wenig neues Futter haben. Schrie wieder. Irgendetwas quälte sie. Im weiteren Verlauf der Nacht beruhigte sie sich etwas. Doch an meiner Seite und unter meiner Decke wollte sie nicht bleiben. Am Morgen kam sie wieder zu mir. Sie machte komische Geräusche und irgendwas roch nicht so gut. Frank holte mir schnell Zewas. Wobei ich mir gar nicht sicher war, ob ich diese vor oder hinter ihr legen sollte.
Ich ging mit ihr in die Doka und schob sie in Richtung Klo. Auf der Decke in der Doka entdeckte ich zwei weiche kleine Pünktchen. Eindeutig Kacka. Auch in ihrer Box war eins. Zudem hatte sie dort wohl des Öfteren in der Nacht Flüssigkeit gespuckt. Emma ging es eindeutig schlecht. Sie versuchte Kacka zu machen und stattdessen kam es ihr oben raus.
Frank ging mit ihr am Strand spazieren, doch das half nichts. Immer wieder blieb sie stehen, um zu drücken. Erfolglos. Ich schaute, wo es die nächsten Tierärzte gibt. Richtung Süden, 70 km entfernt fand ich eine Klinik. Doch es ging nur eine Bandansage an, von der ich nichts verstand.
50 km in Richtung Norden gab es mehrere Kliniken. Bei der ersten Nummer (einer 24 Stunden Notfallambulanz) kam auch nur eine Bandansage und dann nahm ich alle meinen schlechten Spanisch-Kenntnisse zusammen und quatschte irgendwas auf Band, inklusive meiner Handynummer. Bei einer anderen Klinik in der gleichen Stadt ging jemand dran. Ich erklärte sofort, dass mein spanisch schlecht wäre und man sehr langsam mit mir sprechen müsste. Alles klar. Ich schilderte Emmas Situation und es war möglich sofort zukommen. Wobei ich einen Zeitraum von 2 Stunden anzeigte.
Emmas Box stattete ich mit Zewas aus. Frank setzte sie hinein und verschloss die Tür, damit sie uns nicht alles voll k…. Während ich zwei Brote schmierte, baute Frank das Dachzelt ab. Und schon waren wir abfahrbereit. Das ich eigentlich meine Haare waschen wollte, wurde zur Nebensache.
Wieder fuhren wir durch Vallverde und vorbei an den interessanten Felsen bei Valeria, denen wir im Moment nicht so viel abgewinnen. Dann hielten wir Kurs auf Cuenca. Wir kamen zügig voran und Frank ließ uns vor der Praxis, die sich in einem Gebiet mit vielen mehrstöckigen Wohn- und Geschäftshäusern befand, raus.
Emma und ich kamen sofort dran. Die Ärztin sprach natürlich nur Spanisch, wovon ich immerhin das meiste beim zweiten Mal verstand. Emma bekam eine Flüssigkeit ins Maul gespritzt, wovon sie irgendwann wegsackte. Ich dachte das wäre was zum Aufpäppeln gewesen und war regelrecht erschrocken, dass sie nach einiger Zeit von jetzt auf gleich wie tot war. Zuvor stand sie noch auf der Waage, die – wie am Freitag – 2,25 Kilo anzeigte.
Emma wurde radiologisch untersucht und ihr wurde Blut abgenommen. Ich wartete zunächst eine ganze Weile im Behandlungsraum und dann später zusammen mit Emma im Wartezimmer. Im Radio lief „Ironic“ von Alanis Morissette. Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen?
Wie das Ergebnis der Radiologie war, vergaß ich, nachdem die Ärztin mit mir die Blutwerte und die weitere Behandlung, besprach. Das Emma eine Blutarmut hat, die durch die Niereninsuffizienz verursacht wird, wissen wir seit April. Doch nicht nur diese roten Blutkörperchen waren im untersten Bereich, sondern auch die weißen Blutkörperchen, die für das Allgemeinwohl zuständig sind. Zugleich war der Kalium-Wert zu hoch. Im April waren die Werte noch im guten Normbereich gewesen. Mit anderen Worten, Emmas Niereninsuffizienz war in einem sehr fortgeschrittenem Stadium.
Die Ärztin empfahl Emma über Nacht und die nächsten Tage dort zu behalten, um sie vernünftig intravenös behandeln zu können. Alternativ wäre nur eine Selbstmedikation mit Tabletten möglich. Dies wäre allerdings nicht so effizient. Letztlich verständigten wir uns darauf, dass Emma den Tag über in der Klinik am Tropf bleibt, wir sie abends abholen und am nächsten Morgen wieder bringen. Dies erschien mir so spontan die beste Lösung. Nicht oder nur mit Tabletten behandeln wäre für Emma die schlechteste Alternative. Wie sie sich fühlen würde, wenn wir sie über Nacht nicht bei uns haben, weiß ich nicht. Würde sie sich nicht fragen, wo ihr Schoß ist und warum sie plötzlich allein in einer ungewohnten Umgebung ist, mit Menschen, die so komisch sprechen (Zugegeben, Emma hört schlecht, aber ihr wisst, was ich meine).
Ich verabschiedete mich von Emma, die ein wenig sediert war und vielleicht nicht viel von meinen letzten Streicheleinheiten mitbekam. Um 20:30 Uhr können wir sie wieder abholen.
Frank hatte einen Parkplatz rund 500 Meter entfernt in einer Seitenstraße gefunden. Gemeinsam schauten wir nach einer alternativen Parkmöglichkeit. Denn es ist klar, dass wir mit Emma später nicht noch großartig durch die Gegend fahren werden. Unser Rundgang führte uns zu den Bomberos von Cuenca. Dort schräg gegenüber, direkt an einem Wohnblock, wollte Frank nicht stehen. Wir fanden dann einen Platz in einer Sackgasse, in der sich ein kleiner Rasen-Fußballplatz befindet. Einzig nervig war die parallelverlaufene Straße, die unmittelbar von der Nationalstraße kam. Diese wird wohl von sehr vielen als Zufahrt nach Cuenca genommen. Nun gut, wir wollen uns nicht beklagen. Bis zur Tierklinik sind es nur 600 Meter, die wir gut zu Fuß zurücklegen können und für zunächst eine Nacht wird das schon gehen. Morgen sehen wir dann weiter.
Ich ging noch Emmas Bezug für ihre Unterlage in der Box im Parque der Bomberos auswaschen, damit ich diese nachher frisch beziehen konnte. Auf dem Rückweg fand ich einen Glückscent, wenn das kein gutes Omen ist.
Es war schon sehr ungewohnt, den Nachmittag ohne Emma in Allmo zu verbringen. Abgesehen von unserer ersten Tour mit Allmo in 2019 (quasi unserer Probefahrt) war sie immer mit dabei.
Bis dahin hatte ich gestern Nachmittag geschrieben. So ging’s leider weiter:
Am 13. Oktober um 17:19 Uhr blieb unsere Welt stehen. Ich erhielt eine WhatsApp auf Spanisch. Nach mehrmaligem Lesen blieben folgende Worte hängen: Emma – Reanimation – Exodus.
Wir eilten zu Fuß zur Klinik, vergaßen dabei sogar Allmos Fenster hochzukurbeln. Dunkle Wolken brauten sich am Himmel zusammen, passend zu unserer Stimmung. Die Ärztin brachte uns zu Emma, die abgedeckt in einem Raum lag. Die Wärmedecke war inzwischen abgeschaltet worden, die Infusionsschläuche entfernt. Sie erklärte, was auch schon in der WhatsApp stand. Emma hatte während der Infusion einen Herzstillstand und die Wiederbelebung war erfolglos. Und so war unsere geliebte kleine Schnubbi-Maus still und leise von uns gegangen und wir waren zu dem Zeitpunkt nicht an ihrer Seite.
Hundeelend ging es mir und geht es mir heute (einen Tag später) immer noch. Frank ist gefasster und sagt, dass ich an die schönen Momente denken soll und wir Emma doch in unserem Herzen haben. Doch obwohl ich das weiß, fehlt sie mir so unendlich. Sie war halt mein „Mädchen“ und seitdem sie dieses extreme Kuschelbedürfnis hat, ist unser Band noch enger gewesen. Alles in Allmo erinnert mich an sie.
Wir fragten noch, ob wir Emma mitnehmen können, um sie irgendwo zu begraben. Das ist wohl grundsätzlich in Spanien nicht erlaubt, stattdessen ist die Einäscherung von Haustieren vorgeschrieben. Noch besser. Zwar hatten wir uns vorher nie Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn … Doch das war eine gute Lösung. So ist sie weiterhin bei uns. Wir können Emma sogar selbst ins Krematorium bringen.
Frank durfte Emma zurück in ihre Box legen, was aufgrund der Leichenstarre nicht ganz so einfach war. Was für ein schrecklicher Moment. Wir bekamen die Adresse des Krematoriums mitgeteilt, ich zahlte für die Behandlung und bei „The Winner takes it all“ von Abba (was für eine Ironie/“Ironic“) verließen wir die Tierklinik. Während wir uns tieftraurig auf den Weg zu Allmo machten, kontaktierte die Ärztin das Krematorium. Sie sandte mir dann eine Nachricht, dass wir Emma um 18:30 Uhr dorthin bringen können. Also in rund einer halben Stunde.
Das Krematorium lag nur 2 Kilometer entfernt und wir waren etwas vor der Zeit da. Es begann zu regnen. Wie passend zu unserer Stimmung. Der Mitarbeiter sprach nur Spanisch (obwohl das Krematorium den Namen Pet’s Paradise trägt). Ein Bekannter oder wer auch immer es war, versuchte in Englisch zu übersetzen, was aber auch nicht so ganz glückte. Aber wofür gibt es Gockel-Übersetzer.
Wir klärten alle Formalitäten und wählten eine Urne aus. Ein paar Standard-Urnen sind im Preis inbegriffen. Wir wählten eine mit Zuzahlung, weil die uns besser gefiel. Vorsichtshalber nahmen wir eine aus Holz und nicht aus Keramik. Schließlich wollen wir, dass Emma wieder heil zu Hause ankommt.
Einen Schrecken bekamen wir, als die beiden irgendwas mit Hand erzählten und zum Mitnehmen. Wir dachten schon, die meinen eine abgehackte Pfote von Emma. Wir müssen sehr Erschrocken dreingeblickt haben. Gemeint war aber nur ein Pfotenabdruck von ihr in Gips. Ja, den nehmen wir gerne und ein bisschen Fell in einem kleinen Glasröhrchen. Das klang schön.
Am Mittwoch um 10:30 Uhr können wir Emma am Krematorium abholen.
Im Stadtgebiet von Cuenca wollten wir nicht übernachten, daher fuhren wir noch rund 12 Kilometer bis in das Gebiet der Cueva de la Zarza. Für die schöne Landschaft, die sich hinter Cuenca auftat, hatten wir kaum einen Blick. Wir schlängelten uns über eine schmale Straße nach oben. An dem eigentlich ins Auge gefassten Übernachtungspunkt (Mirador Rincon Seco) standen mehrere Camper. Da blieben wir doch lieber ein paar Kurven vorher stehen und hatten unsere Ruhe. Im Allgemeinen und insbesondere heute brauchten wir niemanden in unserer Nähe.
Zum Gedenken an Emma schalteten wir am Abend ihre drei Nacht-Lichter an. Ein letztes Mal leuchten sie für dich, meine kleine Schnubbine.
Wie der Abend und die Nacht waren könnt ihr euch sicherlich denken. Besch… oder mehr als besch… Immer wieder schüttelten mich Heulkrämpfe. Überall in Allmo sind diese Erinnerungen. Wir lenkten uns mit Fernsehen ab. Mein Schoß blieb leer. Keine Kuschelfreundin, die es sich gemütlich darauf machte. Den Versuch im Bett zu schlafen, verwarfen wir zügig. Frank hatte zwar das Hubdach hochgefahren (es regnete), aber ich fühlte mich wie eingesperrt. Also legten wir uns in die Doka. Schauten noch einen Film, den wir eigentlich schon kannten und den ich doof war. Das Abendessen fiel nicht nur wegen schlechtem Wetter aus, sondern weil wir keinen Hunger hatten. Irgendwann aßen wir jeder 3,5 Kekse. Mehr war in der Doka nicht aufzutreiben.
Nach Mitternacht klarte sich der Himmel auf und die Sterne leuchteten Emma den Weg. Dann zog es sich wieder zu. Wetterleuchten war zu sehen. Frank schlummerte irgendwann weg. Zwischen 2 und 4 Uhr ist mir das kurzzeitig auch passiert, dann war ich wieder wach. Gegen halb 8 Uhr begann es langsam zu dämmern und Frank entdeckte am Himmel einen ganz hell leuchtenden Stern. Emma grüßte uns von oben. War das der Morgenstern?
Dienstag, 14. Oktober 2025
Am Morgen kamen wir nicht in Schwung. Erst irgendwann deutlich nach 10 Uhr wuschen wir uns und zogen uns an. Über den WA Status und auf Polarsteps berichteten wir von dem Geschehenen und entsprechende Reaktionen brachten insbesondere mich immer wieder zu Weinen. Vielen Dank an dieser Stelle für all die lieben Worte. Wir sind zutiefst berührt über eure Anteilnahme.
Doch Frank war beim Zusammenschneiden vom Video von Emmas letzten Spaziergang am Sonntag am Strand auch emotional ergriffen. Als Musikunterlegung wählten wir von Johannes Oerding „Wenn du gehst“. Wer hätte gedacht, dass das unser letzter gemeinsamer Cat Walk werden würde und am nächsten Morgen alles anders ist?
Wir wollten heute Emmas Sachen aus dem Weg räumen, damit ich beim Anblick ihrer Box etc. nicht jedes Mal aus der Bahn geworfen werde. Doch zunächst benötigten wir etwas Ablenkung und gingen ein wenig wandern. Dazu gibt’s einen eigenen Bericht.
Nach der Rückkehr räumten wir weg, auf und um. Das Katzenklo, das Unterteil von der Box und den Bezug werden wir morgen noch im Park bei den Bombeiros reinigen. Jede Menge Katzenfutter, sowie Medizin für die Schilddrüse und die Nieren haben wir noch. Konnte ja niemand ahnen, dass wir mit Emma auf dieser Reise nur 4 gemeinsame Wochen haben.
Mittwoch, 15. Oktober 2025
Schon vor 21 Uhr lagen wir im Bett (ja, im Bett – im Dachzelt, nicht in der Doka) und schliefen ein wenig besser.
Als wir gegen 7 Uhr wach wurden, ergriff mich wieder diese Traurigkeit. Ich bat Frank auf seiner Seite das Seitenteil vom Zelt zu öffnen, um zu sehen, ob der Morgenstern (auch Venus genannt), wieder im Osten zu sehen ist. War er. Wir ließen das Zelt offen und beobachteten den Emma-Stern, wie wir ihn jetzt nennen, bis er aufgrund des Sonnenaufgangs nicht mehr zu sehen war. Bis morgen kleiner Emma-Stern.
Nach dem Frühstück fuhren wir zurück nach Cuenca. Im Gepäck einen Felsstein, den wir auf Emmas Grab stellen können, falls wir ihre Asche im Garten vergraben sollten. Weil wir allerdings noch nicht wissen, ob wir das wirklich machen, fährt der Stein vielleicht auch nur zur Deko mit.
Das unsere Routine nicht die gleiche ist, wie sonst, mussten wir feststellen, als Frank mit Allmo losfuhr. Ich filmte, wie oft, die Abfahrt und sah nur seinen zerknirschten Gesichtsausdruck. Was war geschehen? Wir hatten vergessen unsere Geschirrbox von der Schnupplade runter auf die Sitzbank zu stellen. Sonst ist das ein Ablauf gewesen, zusammen mit Emmas Futter und Trinken, dass auf der Sitzbank neben der Geschirrbox stand. Nun, zu Bruch ging nur das Kunststoff-Schälchen. Unser Hartglas-Geschirr blieb ganz.
Am Brunnen in der Nähe der Bomberos, wusch ich Emmas Katzenklo und die anderen Sachen aus. Natürlich überkam mich ein Heulkrampf nach dem anderen. Einige Leute gingen an mir vorbei. Was die gedacht haben müssen, dass ich heulend an der Wasserstelle hocke und Sachen reinige/wasche. Frank begeisterte sich in der Zwischenzeit für die Bomberos. Denn heute waren die Rolltore geöffnet.
Anschließend fuhren wir zum Krematorium (The Pet’s Paradise) um Emma bzw. ihre Asche in der Urne abzuholen. Wie wenig von ihr übrig geblieben ist. Nun gut, sie war ja auch ein schmales Kätzchen. Den Pfotenabdruck und etwas Fell waren mit in der Tragetasche, ebenso wie ein Zertifikat über die Einäscherung. Jetzt reist Emma also wieder mit uns. Wenn auch in einer etwas anderen Form.
Von ihren 18 Lebensjahren durften wir Emma 10 Jahre lang begleiten.
In den letzten vier Jahren verbrachten wir gemeinsam über 800 Tage in Allmo. Wir erlebten in 21 Ländern viele schöne, spannende und nervenaufreibende Dinge.
Die letzten 1,5 Jahre wurdest du zur Kuschelkatze, was es jetzt für mich noch schwerer macht. Mein Schoß bleibt leer und nachts macht niemand mit Tatzenhieben auf sich aufmerksam, dass er sich unter meiner Decke an mich kuscheln möchte.
Wir sind unfassbar traurig, aber danken dir für die schöne Zeit.
Kommt gut über die Regenbogenbrücke, kleine Schnubbi-Maus und grüß Lucky von uns.
Tbc














































































































































































































































































































































































































