Bereits vor zwei Jahren hatten wir den Balkan bereist. Damals lag der Kosovo nicht so ganz auf unserer Route. Daher war klar, dass wir auf dieser Reise unbedingt einen Abstecher in das kleine Land auf dem Balkan einlegen werden. Und wir sollten nicht enttäuscht werden.
Etwas abschreckend ist vielleicht die Tatsache, dass der internationale Versicherungsschein der deutschen Kfz-Versicherung im Kosovo nicht gilt. Daher muss an der Grenze eine Grenzversicherung, also eine Haftpflicht-Versicherung abgeschlossen werden. Wobei der Vorgang völlig unkompliziert ist.
Dennoch blieb bei mir im Hinterkopf immer ein mulmiges Gefühl. Wie einfach wäre eine Schadensabwicklung tatsächlich, wenn es zu einem Unfall kommt? Zum Glück mussten wir damit keine Erfahrungen machen und dass, obwohl der Verkehr auf den Straßen schon ein wenig gewöhnungsbedürftig war. Vielleicht kam es mir aber auch nur so vor.
Die Menschen
Abgesehen vom Straßenverkehr machte der Kosovo es uns einfach, dieses Land gern zu haben. Im Grunde hatten wir täglich nette Kontakte und erfuhren in der kurzen Zeit ein wenig mehr über Land und Leute, als es in den anderen Ländern der Fall ist.
Viele Kosovaren sprechen deutsch, da sie im Kosovo-Krieg in ein deutschsprachiges Land flüchteten und über Jahre oder sogar für immer blieben. Manche Leute kehrten nach 15 – 20 Jahren wieder in ihre Heimat zurück. Andere blieben in D, A, CH und mindestens einmal im Jahr geht’s in den Urlaub in den Kosovo.
Die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen hat uns sehr begeistert. Zweimal über wurde ich auf einen Kaffee eingeladen, was ich dankend und freundlich ablehnte. Ein Herr bot seine Hilfe an, obwohl wir gar kein Problem hatten. Diese Aufmerksamkeit und eine mögliche Hilfestellung für einen Touristen erlebten wir sonst eher selten. Ausnahmen gibt es natürlich, z. B. als wir in Bosnien im Graben steckten.
Ein Herr erzählte mir, dass er den Deutschen so dankbar ist, dass sie ihm im Kosovo-Krieg Asyl gegeben haben und er die Chance hatte (dank einer Frau, die ihm eine Arbeitsstelle besorgte und sich um die Papiere kümmerte) länger als die sechs Monate Asyl in Deutschland zu verbringen. Und diese Dankbarkeit zeigt er den Deutschen gegenüber, die er nun im Kosovo trifft.
Die Landschaft und andere Sehenswürdigkeiten
Landschaftlich herausragend war die Fahrt durch den Rugova Canyon und auch die kleine Wanderung zu dem Wasserfall Shtegu i Ujevares. Am Ende des Rugova Canyon hatten wir vom Restaurant/Hotel Guri i Kuq einen wunderschönen Blick über die Berge. Das Essen dort war gut und günstig.
Der Besuch des Klosters Visoki Decani ist absolut empfehlenswert. Die Fresken im inneren der Kirche brachten uns zum Staunen.
Gjakovas Altstadt versprüht einen gewissen Charme. Ich fühlte mich ein wenig wie in Hoi An (Vietnam), mit den vielen kleinen Läden und den Holzfronten. Aber auch die Kabelverlegung im ganzen Kosovo kann es mit Vietnam aufnehmen. Was wir da überall an Kabelbäumen gesehen haben ….
Einen Besuch der Mirusha Wasserfälle im gleichnamigen Canyon können wir ebenfalls empfehlen. Unbedingt bis zur Hängebrücke gehen/klettern. Danach geht’s nur noch sehr sportlich weiter.
Auch wenn wir bei Zoos im weitesten Sinne eher skeptisch sind, so bietet die Bear Sanctuary Prishtina ehemaligen Restaurant-Bären ein gutes neues zu Hause. Die Bären leben dort zwar immer noch in Gefangenschaft, jedoch in weitläufigen Gehegen. Und wir dürfen uns auch nicht vormachen, dass so ein Bär, nach über 10 Jahren in schlimmster Haltung auf kleinstem Raum, zu einem Leben in freier Wildbahn gar nicht mehr fähig wäre.
Zu guter Letzt soll die Stadt Prizren nicht unerwähnt bleiben. Interessant sind in der Stadt die vielen Kirchen und Moscheen. Die Gegend um die alte Steinbrücke und die Sinan-Pascha-Moschee herum ist sehr touristisch. Aber wem das gefällt, der sollte sich von einem Besuch in Prizren nicht abhalten lassen.
Ein zweites Leben
Ausrangierte Einkaufswagen, sei es von Coop, Edeka oder anderen Läden, finden im Kosovo ein zweites Leben. Selbst in neuen Supermärkten sind die alten Einkaufswagen zu finden und sie leisten weiterhin gute Dienste.
Häufig sahen wir Nutzfahrzeuge, die bereits ein erstes Leben im deutschsprachigen Raum hinter sich hatten. Die Schriftzüge wurden einfach am Fahrzeug belassen und so wird im Kosovo noch Werbung für Firmen gefahren, die hier niemand kennt.
Alte Dinge sind nicht immer schlecht und es sollten uns zum Nachdenken anregen, wie schnell wir Sachen wegwerfen, weil sie nicht mehr „IN“ oder schon ein paar Jahre alt sind. Solange sie es noch tun, kann man die Dinge auch weiterhin nutzen.
Doch es gibt auch viel Neues im Kosovo. Überall stehen neue Häuser. Schicke private Wohnhäuser, und auch viele neue Gewerbeimmobilien sind bereits in Nutzung oder noch im Bau. Riesige Paläste (das ist nicht übertrieben) stehen entlang der Straße und dienen als Location für Hochzeiten. Irgendwo müssen hunderte von Menschen für diese Feierlichkeit Platz finden.
Die großen Zufahrtsstraßen nach Prishtina lassen vermuten, dass man sich in den USA befindet. Rechts und links der Straßen reihen sich Autohäuser, Möbelgeschäfte und Einkaufszentren aneinander.
Hoch im Kurs sind (wie auch in Albanien) Waschstraßen und kleine Werkstätten. Aber auch Bäckereien gibt es gefühlt an jeder Ecke. In den Städten ist eine hohe Dichte an Friseurläden.
Religiöse Stätten werden von der KFOR oder Polizei überwacht, aus Sorge vor Pogromen. Täglich sahen wir unterwegs Fahrzeuge der KFOR und verhältnismäßig oft auch Verkehrskontrollen durch die Polizei.
Letzte Worte
Den Kosovo als Reiseland können wir sehr empfehlen. Wir haben uns nirgendwo unsicher gefühlt. Den Norden, also die Grenzregion zu Serbien, haben wir bewusst ausgelassen. Das auswärtige Amt rät in der Region eher zur Vorsicht, so dass wir erst gar nicht dorthin fuhren.
Insgesamt ist der Kosovo unser 21. Reiseland mit Allmo und Emma und das erste neue Land auf dieser Reise.
Tbc