
Bis nach Sougia waren es von Paleochora rund 40 Kilometer. Auf dem Weg wollten wir ein paar Zwischenstopps einlegen. Erstes Zwischenziel war die Höhle der 99 Heiligen.
Wir bogen vom Meer in Richtung der Berge ab. Während es am Meer sonnig war, hingen in den Bergen ein paar graue Wolken. Die Hauptstraße war geteert und sehr gut befahrbar. Für die letzten zwei Kilometer mussten wir die Hauptstraße verlassen.
Wir folgten einer nur einspurigen Straße durch die Oliven. Rechts und links wurde Allmo von den Olivenzweigen ausgepeitscht. Eine Wasserleitung hing sehr niedrig über die Fahrspur. Vermutlich wird diese Straße sonst nur von Pritschenwagen befahren, die keine zwei Meter hoch sind. Allmo passte so gerade drunter her. Die Leitung schrabbte über unsere Solarpaneele. Allmo bekam weiterhin Peitschenhiebe und musste sich dann erneut ducken, weil die Auffangnetze für die Oliven über die Straße gespannt waren.
Der Weg hatte es also ganz schön in sich. Doch damit nicht genug. In einer Haarnadelkurve musste Allmo einmal zurücksetzen. So halbwegs in der Spur verfing sich der rechte Blinker in einem der typischen Drahtmattenzäune. Dieser hatte sich mittels eines Busches getarnt. Erst als es knirschte und krachte, bemerkten wir den windschiefen und gut getarnten Zaun. Da war’s zu spät.
Frank setzte zurück, weil wir uns gegen eine Weiterfahrt entschieden. Allmo platzierte sich am Rand der Haarnadelkurve, ohne den geradeaus weitergehenden Weg zu versperren. Den letzten Kilometer bis zur Höhle der 99 Heiligen gingen wir zu Fuß.
Es hätte noch eine Stelle gegeben, an der wir hätten aufpassen müssen. Ansonsten wäre der weitere Weg eigentlich unkritisch gewesen. Doch wer weiß, ob wir dann auf dem Rückweg nicht noch den anderen Blinker zerstört hätten.
Immer schön bergauf näherten wir uns der Höhle. Auf der größeren Fläche, bevor es nur noch zu Fuß weiter geht, war ausreichend Platz zum Parken vorhanden. Kurz vor dem Ziel fehlte dann plötzlich so ein letzter Pfeil. Doch wir folgten dem schmalen Durchgang zwischen den Felsen. Steinstufen waren angedeutet und Steine gut platziert. Allerdings waren diese teilweise mit Grünspan überzogen und etwas feucht.
Vor dem Eingang können Kerzen erstanden werden, die dann in der Höhle der 99 Heiligen an dem kleinen Altar angezündet werden können. Doch um dahin zu gelangen, muss man erstmal die Leiter hinunter.
Bereits von außen erstrecken sich die wild zusammenstehenden Felsen einige Meter nach oben. Ebenso tief geht es nach unten weiter.
Über drei relativ steile Stahlleitern ging es für uns immer tiefer nach unten. Begleitet wurde unser Abstieg von dem Gurren von Tauben. Entsprechend vollgekackt waren die Leitern und der Boden der Höhle.
Leicht abschüssig ging es nun tiefer in die Höhle hinein. Ein Abzweig, der mit Nero (Wasser) ausgeschildert war, endete abrupt. Der andere Abzweig führte wieder etwas nach oben. Über eine Holzleiter und eine Aluleiter stiegen wir hinauf. Doch dann war an der Stelle auch schon das Höhlenabenteuer zu Ende.
Wer eine Tropfsteinhöhle mit Stalagmiten erwartet, der ist enttäuscht. Die Felswände sind entweder glatt oder leicht gewellt. Doch schöne Formationen sucht man vergebens. Das Einzige, wodurch diese Höhle besticht, ist ihre Höhe bzw. Tiefe. Beeindruckend fand ich den Blick auf den Eingangsbereich, nachdem wir wieder von der Holztreppe hinunter auf dem Boden der Höhle waren. Dort wurde mir so richtig die Dimension bewusst.
Durch Taubendreck und über die drei steilen Treppen kletterten wir dem Licht entgegen. Die Mitnahme einer Stirn-/Taschenlampe ist zwingend erforderlich. Auch wenn ein Schild besagt, dass die Solarbeleuchtung von 8 – 18 Uhr in der Höhle funktioniert, so leuchtete bei unserem Besuch nichts.
Damit wir Allmo nicht umsonst durch die Oliven gejagt hatten und er seinen Blinker einbüßen musste, gingen wir anschließend noch zu der osmanische Festung Koules of Spaniakos. Kurz vor Erreichen der Höhle (in der letzten Haarnadelkurve) stand nicht nur ein Wegweiser, der auf die Höhle hinwies, sondern auf dem Boden stand „Ancient Fort“ mit blauer Farbe geschrieben.
Wir öffneten die Ziegen-/Schaftür und schlüpften hindurch. Der Weg führte uns zunächst über eine Fahrspur und dann über einen Ziegen-/Schaf-/Trampelpfad. Der Abzweig war ausgeschildert. Ein Verlaufen somit unmöglich. Wir erschreckten eine Schafherde, die sich sonnte. Ein ganz junges Lamm (die Nabelschnur war noch zu sehen), kam neugierig zu uns und folgte uns sogar ein paar Meter. Doch Mama-Schaf schritt ein und holte er Kleines zurück zur Herde. Diese ging dann in die Richtung, aus der wir kamen.
Wir folgten dem Pfad, mussten noch zweimal ein Tor öffnen und hatten dann plötzlich das Fort bzw. dessen Überreste vor uns. Von dieser Seite war es noch sehr gut erhalten. Die zwei Außenmauern waren intakt.
Inzwischen hatte es etwas angefangen zu tröpfeln und natürlich erschien ein Regenbogen. Nicht am Himmel, sondern im Tal zwischen den Bergen. Nun gut, wir befanden uns auch auf 500 Metern oder ähnlich.
Von der dritten Seite war die Mauer nicht intakt, so dass wir von der Seite in die kleine Festung gehen konnten. Von dieser erhöhten Position blickten wir auf die Berge (die sich teilweise in den Wolken versteckten) und bis hinunter auf’s Meer. Wir entdeckten Paleochora, wo wir vorhin noch gewesen waren.
Es tröpfelte weiterhin, so dass wir uns auf den Rückweg machten. Nach 4,9 Kilometern bzw. etwas über 2 Stunden waren wir zurück bei Allmo. Dieser wartete brav und etwas zerknirscht auf uns.
Wie es aussah, funktionierte der Blinker nicht mehr. Auch wenn das Leuchtmittel an sich unbeschädigt war. Sowohl neue Leuchtmittel als auch eine neue Blinker-Abdeckung haben wir dabei. Allerdings wollten wir uns im Nieselregen nicht mit dem Austausch beschäftigen.
Theoretisch hätten wir uns noch die „Carved Caves“ (von Menschenhand geschaffene Höhlen) und eine Kapelle mit verblassten alten Fresken angesehen. Praktisch fuhren wir direkt nach Sougia weiter.
Tbc