Beim Blick von oben auf die Bucht von Tripiti waren wir erschlagen, von der Masse an Wohnwagen, die entlang des breiten Strandes, zwischen bzw. neben den Bäumen geparkt waren. Es handelt sich wohl um Wochenend-Häuser der Griechen.
Der gesamte Bereich der Bucht ist mit Wohnwagen und vereinzelt auch mit kleinen Containern zugestellt. Entlang der Schlucht reihen sich kleine Gehege aneinander. Hunde bewachen den Besitz. Aber auch Ziegen und Federvieh ist darin untergebracht. Selbst ein Pferd war an einem Pflock vor einem kleinen Gebäude angebunden. Dies sollte ich jedoch alles erst bei meinem Spaziergang am späten Nachmittag entdecken.
Wir stellten Allmo in erster Strandreihe ab. Abgesehen von den Dauer-Campern, die derzeit alle unbewohnt waren, waren wir die Einzigen. Zu beiden Seiten ist die Bucht durch interessante Felsen eingerahmt.
Auf unserer Picknickdecke machten wir es uns neben Allmo gemütlich. Auf der Zufahrt zu unserem Übernachtungsplatz und auch im westlichen Bereich der Bucht konnten wir genau erkennen, wo bei Regen das Wasser aus dem Canyon in Richtung Meer fließt. Der Boden war immer noch feucht und lehmig. Von daher wird es schlau sein, morgen vor dem Regen wieder festen Bodenbelag unter die Reifen zu bekommen.
Wir erfrischten uns im Wasser, was herrlich angenehm temperiert war. Das Mittagessen hatten wir ausfallen lassen und stattdessen bereiteten wir uns am frühen Nachmittag unser Essen zu. Der Akku hatte zu der Zeit 100 %. Nach dem Kochen wurde die Batterie allerdings nicht mehr voll, weil die Sonne inzwischen zu weit gewandert war.
Während der Essenszubereitung drehte Emma ein paar Runden ohne Leine um Allmo herum. Sie war froh, als sie wieder in ihrem kleinen Gefängnis saß.
Unsere typisch griechische Mahlzeit (selbstzubereitetes Gyros mit Krautsalat, Feta und etwas Zaziki) verspeisten wir auf unser Picknickdecke. Dazu gab es leckeren Moselwein. Während Frank den Abwasch erledigte, ging ich ein paar Schritte in den Tripiti Canyon hinein. Ich lief nur bis zu der kleinen Höhlenkirche und wurde von den angeleinten Aufpasser-Hunden und ein paar Ziegen kritisch beäugt.
Wenig später (ich war bereits zurückgekehrt) kam ein Grieche mit einem Pritschenwagen an den Strand gefahren und sammelte Strandgut (Autoreifen – sah aus wie eine Schaukel, mehrere Holzstücke) ein. Frank half ihm dabei und erfuhr von Herkules, dass er derzeit der einzige Bewohner wäre und er möchte, dass der Strand sauber aussieht. Daher sammelte er die größeren Gegenstände ein.
Er erzählte Frank, dass gestern ein Boot mit 42 Flüchtlingen aus Pakistan an diesem Strand angekommen war. Laut ihm wurde das Boot von der Polizei weggeschleppt. Wobei wir gestern Nachmittag das Schiff der griechischen Küstenwache am Strand von Agiofarago sahen, wie es in östliche Richtung (also in diese Richtung) fuhr. Dies könnte also in einem Zusammenhang stehen.
Grundsätzlich ist auf Kreta, wie auch schon letztes Jahr auf den Kanaren, immer wieder mit Migrantenboote zu rechnen. Insbesondere die vorgelagerte kleine Insel Gavdos scheint für die Boote, die aus Ägypten oder Libyen kommen, durch Winde und Strömungen, ein Anlaufziel zu sein.
Nun waren, dank Franks Hilfe beim Aufladen, ein wenig schlauer. Herkules meinte, dass die Fahrt für uns durch die Schlucht kein Problem wäre, weil wir „strong“ sind. Nur eine kleine Engstelle gäbe es. Alles andere wäre kein Problem. Ja dann!!! 😉
Und dann verschwand auch schon fast die Sonne hinter dem Hügel. Während Frank bis ans Ende der Bucht ging, um noch möglichst lange die Sonne einzufangen, ging ich zu Emma in die Doka. Sie war glücklich bei mir liegen zu dürfen. Komisch, dass sie dann stundenlang ruhig liegen kann. Nur schade, dass sie das nachts nicht schafft.
Freitag, 20. Dezember 2024
Emma hatte in der Nacht ein Einsehen mit mir und gab sich friedlich. Ein kleines Muster ist zu erkennen. Drei unruhige Nächte, drei ruhige Nächte, drei unruhige, …
Eigentlich war erst für 11 Uhr Regen gemeldet. Wobei sich am Himmel sehr dunkle Wolken abzeichneten. Und so war es dann 8:10 Uhr, als die ersten Tropfen vom Himmel fielen. In Windeseile bauten wir das Dachzelt ab. Das würde uns noch fehlen, wenn das komplett nass wird. Doch es fielen nur wenige Tropfen vom Himmel und dann war es wieder trocken.
Tripiti Canyon
Nach dem Frühstück brachen wir direkt auf. Auch wenn wir nicht wussten, was uns im Tripiti Canyon erwarten würde, so wollten wir schnellstmöglich den Teil hinter uns bringen. G+R waren bei ihrer Scouting Tour vor ein paar Tagen mit dem Motorrad nicht durch den Canyon gefahren, weil’s auf dem Weg dorthin matschige Stellen gab. Das ist mit einem Zweirad weniger spaßig. Vielleicht war es ganz gut so, dass wir nicht wussten, was uns erwartet. Und wie gut, dass wir die wirkliche Bedeutung von Herkules Worten „strong vehicle“ nicht kannten.
Was wir wussten ist, dass es ein wenig eng im Canyon ist. Aber Bekannte waren dort auch schon vor zwei Jahren mit ihrem LKW durchgekommen. Wir sind genauso breit, aber ein wenig Kürzer.
Eigentlich wäre es gestern ein leichtes gewesen, nach dem ich bei der Felsenkapelle war, noch ein paar hundert Meter weiter zum Canyon zu laufen. Was ich nicht tat und was zu dem Zeitpunkt auch gut war. Denn ich hätte a) eine sehr, sehr unruhige Nacht gehabt und b) einen schlecht gelaunten Frank, wenn ich versucht hätte, ihm die Strecke auszureden.
Wir fuhren also vorbei an dem kleinen Bauernhof. Die Ziegen waren gerade gefüttert worden, zumindest lag Futter auf dem Weg und sie machten sich darüber her. Auch das Federvieh lief über die Piste. Kurz hinter der Höhlenkapelle ragte ein Felsvorsprung in die Piste, was nicht weiter dramatisch war. Und dann, um die Kurve herum, war auch schon der Einstieg in den Canyon. Ja, der Durchgang war schmal, aber was viel schlimmer war, war der Zustand der Piste.
Jetzt wurde uns bewusst, was Herkules mit „strong“ meinte. Allmo musste nicht nur stark sein, sondern auch geländegängig mit ausreichend Bodenfreiheit. Ach du sch… Wo ich Probleme sah, war Frank mega entspannt. Bei der Begehung meinte er nur, dass alles kein Problem ist. Na dann … Auf ging’s ins Abenteuer. Während ich draußen blieb, ausgestattet mit Walkie Talkie und meinem Handy zum Filmen, positionierte Frank die GoPro neben der Strecke und begab sich auf das erste Teilstück.
Es war ja nicht nur leicht kurvig, sondern die Piste war ausgewaschen, so dass ich erst schon meinen Außenspiegel im Felsen verewigt sah und dann aber der Koffer auf Franks Seite drohte gegen den Fels zu kommen. Es war halt alles etwas schräg.
Frank verbreiterte aus den herumliegenden Felssteinen seine Fahrspur. An Füllmaterial sollte es wahrlich nicht mangeln. Eigentlich wollte er weiter nach rechts, wo der Boden höher war, doch da kam er nicht hin, ohne das Allmo auf der Beifahrerseite eine Delle in der Stoßstange bekommen hätte. Mit ein paar Mal vor uns zurücksezen ging es dann und die gebaute Rampe half, dass der Koffer sich nicht zu sehr neigte. Dabei fuhr das Hinterrad gefährlich nah an der GoPro vorbei.
Ein Stückchen waren wir also vorwärts gekommen und ab jetzt gab es definitiv kein zurück mehr. Wir sondierten die Lage. Frank musste ein Stück zurück, und weiter auf die Beifahrerseite lenken, damit die Schräglage nicht zur groß wurde. Die GoPro wurde auch noch neu positioniert und Allmo schaffte auch diese Stelle.
Nun lag ein etwas größerer Absatz vor uns. Ohne ausreihend Bodenfreiheit ging’s dort gar nicht weiter. Frank baute wieder eine Rampe, die er dann aber gar nicht nutzte, weil er mit den linken Reifen gar nicht so weit nach rechts kam. Und dann hatten wir es auch schon geschafft.
Zwischendurch fragte ich mich, warum wir uns das immer wieder antun. Wobei mit „wir“ eigentlich „ich“ gemeint ist. Frank hingegen genoss das Abenteuer uns durch den Tripiti Canyon zu lenken in vollen Zügen. Ich war einfach nur froh und mega glücklich, dass Allmo diese wenigen Meter durch den Canyon geschafft hatte, ohne Blessuren und sonstige Kampfspuren davon zu tragen.
Wir hatten gerade das letzte Stück geschafft, als es leicht zu regnen begann. Wenn das kein gutes Timing war. Für die wenigen Meter durch den Canyon (sind es 50 oder max. 100 Meter?) benötigten wir etwas über 20 Minuten.
Später, als wir an unserem Übernachtungsplatz angekommen waren, sahen wir uns die letzten Bewertungen/Bilder/Videos auf Gockel an. Vor drei Wochen war die Piste durch den Canyon noch in einem komplett anderen Zustand. Keine Auswaschungen, keine großen Absätze. Es war ein beinah normaler Weg durch den Canyon. Anscheinend hat der Regen der vergangenen Wochen für diese extreme Verschlechterung der Piste gesorgt. Schon krass.
Wie gut, dass wir (eigentlich nur ich) nicht wusste, was uns erwarten würde. Und wie gut, dass auch in dieser kniffeligen Situation Frank besonnen und mit kühlem Kopf Allmo durch die Schlucht gelenkt hat. Hut ab!!! Auch wenn ich öfter fluche, warum wir in eine gewisse Situation hineingeraten, so hat es bisher noch keinen Punkt gegeben, wo Frank es nicht geschafft hat uns auch wieder rauszubringen.
Die Fahrt durch den kurzen Tripiti Canyon gehört mit zu den bisher spannendsten Momenten auf unserer bisherigen Reise auf Kreta.
Kurz nachdem uns der Tripiti Canyon ausgespukt hatte, gab es auf der Fahrerseite einen kleinen Randabbruch. So weit wie es ging, fuhr Frank an den Felsen ran, so dass wir die Stelle auch gut meisterten. Und ab dann ging’s dann entspannt, durch eine schöne Landschaft, weiter. Immer wieder blickten wir auf die Landschaft, die wir nun hinter uns ließen. Und dann erreichten wir auch schon wieder eine geteerte Straße.
Theoretisch hätte es die Möglichkeit gegeben, über Pisten weiter in Richtung Osten zu fahren. Doch mir war das mit dem gemeldeten Regen zur Mittagszeit zu ungewiss und schließlich kennen wir den Zustand der Wege nicht. Daher war es nach der Aufregung im Canyon gar nicht so verkehrt über geteerte Straßen weiterzufahren.
Tbc