Als Übernachtungsplatz hatte ich zwei Optionen, wobei wir uns, aufgrund Franks nicht so guter Verfassung, für die nähergelegene Option entschieden und den Parkplatz am Mirador de Igualero dafür ansteuerten.
Der andere Platz wäre noch acht Kilometer vom Mirador entfernt gewesen. Dass musste heute nicht sein. Morgen werden wir die Strecke dann sowieso fahren, weil sich dort der Startpunkt für eine kurze aber vermutlich anstrengende Wanderung befindet. Hoffentlich ist Frank morgen fit genug dafür.
Von unserem Übernachtungsplatz blickten wir bereits auf unser morgiges Wanderziel, dem Fortaleza de Chipude. Einem Tafelberg, der zu einer der größten archäologischen Fundstätten auf La Gomera zählt. Die Altkanarier nutzten diesen Ort vermutlich als religiöses und kulturelles Zentrum. Auf dem Tafelberg wurden seinerzeit Reste einer Weidetierhaltung und Opferaltäre gefunden.
Der Tafelberg La Fortaleza sticht vom Mirador de Igualero zwar ein wenig aus der Landschaft heraus, aber bei weitem nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Denn interessanterweise, war dieser Felsknubbel zum Beispiel vom Pico de La Nieve auf La Palma gut sichtbar gewesen. Und so nah dran, ist er zwar markant, aber dann doch irgendwie kleiner als gedacht. Wahrscheinlich ändere ich meine Meinung, wenn ich morgen am Sockel stehe, hinaufblicke und mir denke „man ist das Teil groß“.
Östlich vom Fortaleza versteckte sich La Palma. Aus den Wolken schauten nur die hohen Berge hinaus. In die andere Blickrichtung sind die Antennen zu sehen, die sich in unmittelbarer Nähe zu dem höchsten Punkt von La Gomera befinden. Dies ist mit 1487 Metern der Alto de Garajonay. Der sich im gleichnamigen Nationalpark Garajonay befindet.
Silbo Gomero
Am Mirador de Igualero wurde ein Denkmal an die Pfeifsprache „Silbo Gomero“ errichtet. Um sich über die Täler hinweg zu unterhalten, wurde diese Pfeifsprache von den Ureinwohnern (den Altkanariern) entwickelt. Anders war eine Kommunikation über diese weiten Entfernungen damals nicht möglich. Bei der Silbo Gomero handelt es sich nicht um kurze verschlüsselte Laute, sondern um eine vereinfachte Sprache, die das Spanische nachahmt. Zwei Vokale und vier Konsonanten werden dazu genutzt. Durch die Tonhöhe und die Pfifflänge unterscheiden sich die einzelnen Wörter. Mitte des 20. Jahrhunderts drohte die Pfeiffsprache auszusterben, da sie nur noch selten von Landwirten oder Hirten benutzt wurde. Durch Elterninitiativen wurde Silbo Gomero zunächst in außerschulischen Aktivitäten den Kindern nähergebracht. Seit 1999 gehört die Pfeiffsprache in den Grund- und weiterführenden Schulen zum Pflichtfach. Weil die Pfeiffsprache Silbo Gomero auf der Welt einzigartig ist, wurde sie 2009 von der UNESCO zum immateriellen Kulturgut ernannt.
Der Mirador befindet sich auf rund 1300 Metern. Wenn der Wind nicht wäre, dann könnten wir gut draußen sitzen und die Landschaft bestaunen. Es gibt sogar eine Picknickbank. Und die Sonne scheint so schön. Doch der Wind ist echt fies und sollte im Laufe des Abends noch an Intensität zunehmen.
Die Windwarnung hat heute immer noch Bestand, nur die Wellenwarnung wurde gestern bereits aufgehoben. Der Calima-Dunst soll jetzt erst am Donnerstag auf La Gomera eintreffen (allerdings in einer sehr hohen Konzentration. Ab 45 Mikrogramm wird die Luftqualität von der WHO als schädlich eingestuft und der nun erwartete Calima-Dunst kann Spitzen von bis zu 400 Mikrogramm Staub enthalten).
Einen neuen Voralarm gibt es, gültig ab heute, allerdings auch. Diesmal wegen Waldbrandgefahr. Dieser Voralarm wurde bisher noch nie im Januar ausgerufen. Aber die Kombination aus trockner und warmer Saharaluft, in Verbindung mit relativ hohen Temperaturen und einer geringen Luftfeuchtigkeit, und dazu noch der Wind führen nun bereits im Januar zu dieser Warnung.
Während Frank sich ins Bett legte, verbrachte ich den Nachmittag mit Lesen und Schreiben. Zum Abendessen gab es Reste, was gut war. Denn an frisch kochen war bei dem Wind nicht zu denken. Ich musste auch so schon den Tupperdosen hinterherrennen.
Auch wenn der Wind die Stimmung ein wenig trübte, bzw. den Aufenthalt draußen stark reduzierte, so erlebten wir einen Sonnenuntergang, der kaum in Worte zu fassen ist. Der ganze Himmel war ein einziges Farbspektakel. Von leuchtend pink bis grellorange. Hoffentlich rächt es sich nicht, dass Frank mit der GoPro auch kurz rausging, um diesen unglaublich beeindruckenden Himmel festzuhalten.
Donnerstag, 25. Januar 2024
Tja, was soll ich sagen. Es gibt Dinge, die sind schon jedes für sich schwer zu ertragen und wenn sie dann auch noch geballt auftreten, dann wird’s ganz gruselig. Eins dieser Dinge ist die kleine Feindin in unserem Fahrzeug, die uns jede Nacht mehr oder minder auf Trapp hält. Emma in Kombination mit starken Windböen, die einfach die ganz Nacht durch am Allmo rappelten, sind ein absoluter Schlafkiller. Und dann kommt noch ein angeschlagener Ehemann hinzu. Wobei sich Frank ganz tapfer hält.
Weil’s ja gestern Abend schon so windig wurde, fuhr Frank das Hubdach wieder runter und wir wollten in der Doka übernachten. Das dies nur so bedingt klappt, wussten wir. Das Ende vom Lied war dann, dass Frank irgendwann in der Nacht doch ins Bett wechselte und dabei kaum Kopffreiheit hatte. Ich schlug mir die Nacht weiterhin in der Doka um die Ohren. Eigentlich sollte der Wind an Stärke gegen 3 Uhr nachlassen, was er nicht tat. Stattdessen drehte Emma zu dieser Zeit so richtig auf. Mit anderen Worten: Es war einfach eine herrliche Nacht ☹
Als ich am Morgen von Frank wissen wollte, wie es ihm geht, antworte er „nur damit du es weißt, ich gehe heute keinen Meter wandern“. Okay, dass war zwar keine direkte Antwort auf meine Frage, aber die Aussage war klar. Es ging ihm nicht besser.
Bei dem starken Wind war meine Motivation das Fortaleza zu erklimmen sehr gering und auch auf den höchsten Punkt von La Gomera dem Alto de Garajonay musste ich unter diesen Gegebenheiten auch nicht laufen. Also wurden beide Wanderungen für den heutigen Tag abgehakt.
Die Frühstücksutensilien aus dem Kühlschrank zu holen war eine kleine Herausforderung. Türen und Klappen schlugen schneller zu als ich gucken konnte. Immerhin schaffte ich es, dass nichts davon wehte.
Auch wenn die Wanderungen ausfallen, so war klar, dass wir dringend vom Mirador de Igualero weg müssen. Die Wetter-App zeigte auf der ganzen Insel ähnliches Wetter. Wobei wir ja nicht wissen, ob es dann auch tatsächlich überall windig ist. Damit wir nicht komplett kreuz und quer fahren, entschieden wir, das Valle Gran Rey anzusteuern. Dort kann ich auch allein etwas unternehmen während Frank sich ausruht. Ein guter Plan.
tbc