
Von der Küste in Sougia schlugen wir den Weg in Richtung der White Mountains – Lefka Ori ein. Uns kam es so vor, als wären die Bergspitzen mit mehr Schnee bedeckt als noch vor zwei Tagen. Vielleicht täuschte aber auch nur die Perspektive, weil wir den Bergen immer näher kamen.
Lefka Ori ist das flächenmäßig größte Gebirgsmassiv auf Kreta. Der höchste Gipfel ist der Pachnes (2453 m), dem man sich über eine Piste von Süden her (bei Anopolis, unweit der Aradena Schlucht) nähern kann. Allerdings ist bei knapp unter 2000 Metern Schluss. Danach geht’s nur noch zu Fuß weiter.
Die Lefka Ori erstrecken sich auf eine Fläche von ungefähr 30 mal 20 Kilometern. Beinah 50 der Gipfel sind höher als 2000 m. Über 20 größere Schluchten befinden sich innerhalb dieses Bereichs, die wohl bekannteste ist die Samaria-Schlucht. (laut Wikipedia)
Allmo brachte uns Stück für Stück näher an die weißen Berge. Ab ca. 900 Metern befand sich der erste Schnee am Wegesrand. Vor ein paar Tagen hatte es erst geschneit und die Straßen waren geräumt. Die Nebenwege waren noch mit Schnee bedeckt. Allmo freute sich an der weißen Pracht, schließlich war er in den Bergen groß geworden, bis wir ihn ins Flachland entführten.
Wir fuhren durch ein Winter-Wunderland. Schnee lag auf den Bäumen, vor einer kleinen Kapelle stand ein großer Schneemann, der allerdings auch schon etwas „gerupft“ aussah. Wir hatten einen kleinen Schneemann gebaut, den wir auf Allmos Stoßstange platzierten. Im Laufe der Fahrt kippte dieser erst zur Seite und schmolz dann so langsam vor sich hin. Er hatte nur ein sehr kurzes Schneemann-Leben bei uns.
Emma durfte (musste) auch mal kurz in den Schnee. Auf ihre typische Emma-Art war sie wenig beeindruckt.
Vor uns lag dann plötzlich das Omalos-Plateau, die zweitgrößte Hochebene Kretas (nach dem Lashiti-Plateau). Das Plateau hat einen Durchmesser von vier bis fünf Kilometern und umfasst eine Fläche von rund 15 Quadratkilometern. Bis auf die geräumte Hauptstraße, befand sich die Hochebenen unter einer weißen Schneedecke. Die Berge ringsum waren ebenfalls schneeweiß. Wir mussten unsere Augen ein wenig zusammenkneifen, weil der Schnee blendete.
Wobei wir kaum einen besseren Zeitpunkt hätten erwischen können. Die Sonne schien und auf dem Omalos-Plateau war es tatsächlich windstill. Die Wetter-App zeigte eine Temperatur von vier Grad. Gefühlt war es deutlich wärmer. Eigentlich ein perfekter Ort zum Verweilen. Doch es war noch viel zu früh und außerdem war für morgen Regen gemeldet. Und wer weiß, ob das auf 1100 Metern nicht als Schnee heruntergekommen wird.
Am morgen hatte ich mich extra gut eingepackt, weil ich ja wusste, dass wir in die Berge fahren. Mit Thermounterwäsche einer Steppweste und noch der Winterjacke, kam ich nun schon richtig ins Schwitzen. Auch die hohen Wanderstiefel durften, seit wir reisen das erste Mal an die frische Luft. Die können besser den Schnee ab und wenn sie hinterher nass sind, wäre es nicht so schlimm. Aber richtig nass wurden sie gar nicht.
Allmo hatten wir an dem Omalos-See abgestellt (mitten im Schnee) und spazierten zu Fuß in Richtung des Stausees. Dort gibt es eine Aussichtsplattform. Den Stausee sahen wir nur schemenhaft, und vermutlich sieht das ganze ohne Schnee nicht so schön aus wie jetzt.
Auf dem Rückweg zu Allmo kamen wir mit den Leuten aus dem Van ins Gespräch, die heute Morgen auch noch in Sougia standen. Wir unterhielten uns kurz und während ich darauf wartete, Allmo bei der Fahrt zu filmen, flog die Van-Drohne über das Plateau.
An dem Parkplatz für die Samaria-Schlucht trafen wir den Van wieder. Wenn wir schonmal in der Gegend waren, ließen wir uns diesen kurzen Abstecher nicht nehmen. Ein 13 Kilometer langer Wanderweg führt durch die Samaria-Schlucht nach Agia Roumeli. Einem Dorf am Meer. 1200 Höhenmeter sind zu bewältigen. Die Wanderung ist nicht ganz ungefährlich und der Zugang nur in den Sommermonaten gestattet. Jetzt im Winter versperrt ein Tor den Durchgang.
Eine Zeitlang war es von Agia Roumeli nicht möglich mit dem Boot nach Sougia oder Paleochora gebracht zu werden. Aber das soll inzwischen wieder funktionieren (es gab ein entsprechendes Schild). Wer damals den Weg durch die Schlucht auf sich nahm, musste den gleichen Weg auch wieder zurück. Unabhängig von der Jahreszeit wäre diese Wanderung für uns nicht umsetzbar. So beeindruckend die Berge auch aussehen, bis nach unten hätten wir es nie im Leben geschafft und hoch schonmal gar nicht.
Tatsächlich kamen mehrere Pkws angefahren und die Leute warfen, so wie wir, von den beiden Aussichtsplattformen, einen Blick in die Samaria-Schlucht. Die Felsen direkt vor uns sehen aber auch gewaltig aus. Wer diesen schönen Blick genießen wollte, musste sich aber warm anziehen. Während es auf dem Plateau windgeschützt war, pfiff hier der Wind aus der Gorge. Es war direkt deutlich kühler.
Wir gönnten uns noch einen Mittagssnack in dieser krassen Umgebung und setzten dann unseren Weg um das Omalos-Plateau fort. Inzwischen war es um die halb 2 Uhr und tatsächlich zogen erste Wolken über die Bergspitzen und versteckten diese unter eine Wattewolken-Schicht. Wir hatten also alles richtig gemacht und den perfekten Tag und die richtige Zeit für den Besuch der Lefka Ori erwischt.
Mit rund 1200 Metern hatten wir den höchsten Punkt erreicht und rollten, auf dem Weg in den Norden wieder einige Höhenmeter nach unten. Die Straße hinunter war sehr gut zu befahren.
Bei rund 1000 Metern schlich sich der Schnee langsam aus und die grün-grauen-Berge sahen plötzlich so fremd aus.
In Lakkoi stoppten wir an der Three Men Statue und hinter dem Ort noch an einer weiteren Staue. Die Schneeberge hatten wir immer noch im Blick.
Die Lefka Ori machten ihrem Namen (weiße Berge) heute alle Ehre. Wir hätten kaum einen besseren Tag für die Fahrt dorthin erwischen können.
Tbc