Die ehemalige Piste, die durch die Kurvelesh Region führt, ist seit ein paar Jahren geteert. Frank entdeckte auf deiner Brücke die Jahreszahl 2021, bis dahin war die Region nur schwer zu erreichen. Das nun ein Teer-Band den Weg vorgibt, ändert nichts an der wirklich wunderschönen und reizvollen Landschaft.
Der Weg führte an einem ausgetrockneten Flussbett vorbei. Rechts neben uns ragten die gelblichen Felsen empor. Links befand sich das kieselige Flussbett.
Nivica Canyon
Unser Ziel war der Nivica Canyon, der sich beim Ort Rexhin befindet. Wir parkten Allmo 500 Meter weiter, auf einer geschotterten Fläche neben der Straße. Vielleicht hätten wir auch direkt bei dem zentralen Platz parken können. Dort befand sich aber auch eine Bar und bevor es zu Diskussionen kommt, laufen wir lieber die paar Meter weiter.
Um zu dem Canyon zu gelangen, mussten wir über diesen noch recht neu hergerichteten Platz laufen. Ein paar Gebäude grenzten direkt an. Wovon jedoch nur die Bar genutzt wird. Die anderen Gebäude stehen leer bzw. wurden nie fertiggestellt. Glasscheiben sind bereits zerschlagen. Eine von vielen Bauruinen. Dabei könnte der Ort so schön hergerichtet werden.
Bereits auf den letzten Kilometern in Richtung des Nivica Canyon, waren uns Informationstafeln aufgefallen, die entlang des Weges standen. Auch in Rexhin waren diese zu finden. Je nach Ausrichtung war die Schrift von der Sonne unleserlich geworden. Im Allgemeinen gab es Informationen über den Canyon, die Gegend, sonstige „Bauwerke“ in der Kurvelesh Region und zu Traditionen. Verfasst waren die Infos auf Englisch und Albanisch.
Wir überquerten den Platz und steuerten auf den Canyon zu. Schnell hatten wir einen schönen Blick auf die Felsen, die den Canyon einfassen. Und noch schneller wurde uns klar, dass wir nicht in den Canyon hinabsteigen werden. Ein Wegweiser gab für den Abstieg eine Zeit von 1,5 Stunden vor – für 1 Kilometer. Im Canyon würde ein Wasserfall auf uns warten. Doch bereits von unserem Standort aus konnten wir sehen, dass dort kein Wasser floss. Vielleicht wäre die Kulisse recht nett gewesen, aber die Strapazen des Abstiegs und des Aufstiegs wollten wir uns beide nicht antun. Also drehten wir um und kehrten zu Allmo zurück. Ein jung aussehender schmuddeliger Hund blieb am Canyon zurück. Vielleicht sollten wir auf Wanderungen auch ein paar Schälchen Futter mitnehmen. So ging der Kleine nun leer aus.
Zurück bei Allmo setzte ich Frank ab und ging noch ein wenig die Straße entlang zu einer alten, sehr schmalen, Steinbogenbrücke. Ich konnte ein paar Blicke in den Canyon mit seinem interessanten Blätterteig-Gestein werfen.
An der Brücke kam plötzlich eine Hündin auf mich zu und auf mein freundliches „hallo Hundi“ reagierte sich kläffend und zähnefletschend. Eigentlich wollte ich noch zu einer zweiten Brücke weiterlaufen. Aber genau diese Richtung schlug die Hündin, weiter bellend, ein, so dass ich lieber zurück ging.
Memorial
Nach diesem Abstecher zum Nivica Canyon fuhren wir den gleichen Weg wieder zurück und folgten den Wegweisern in Richtung Tepelena. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass wir irgendwo in der Gegend übernachten würden, doch es war noch früh, das Wetter noch gut und das wollten wir nutzen. Also ging’s weiter.
Auf die Entfernung wirkte das Memorial i Luftes se II Boterore, eine Gedenkstätte zu Ehren der in den Weltkriegen Gefallenen, wie ein Leuchtturm. Wobei uns natürlich klar war, dass es inmitten der Berge keine Leuchttürme gibt.
Um das Denkmal herum befanden sich die Gräber der gefallenen Soldaten. Nur das sich direkt am Memorial befindliche halbzerfallene Gebäude störte ein wenig den Blick.
Progonat Wasserfall
Ein paar Kurven weiter, stoppten wir, weil zwei Pferde mit Fußfesseln die Fahrbahn blockierten. Die armen konnten sich gar nicht richtig fortbewegen. Nur in Trippelschritten. Versuche weg zu hüpfen sahen halsbrecherisch aus. Und dann befanden wir uns auch schon in der Nähe des Ujevara e Peshtures Progonat.
Wir kamen an zwei Lokalen vorbei, die auf großen Schildern darauf aufmerksam machten, dass man doch dort parken soll, um zu dem Wasserfall zu wandern. Wir ignorierten diese und stellten Allmo später auf der rechten Seite an einem geschotterten Randstreifen ab. Etwas weiter (noch vor der U-Kurve) gab es einen Einschnitt zwischen den Felsen wo auch noch ausreichend Platz zum Parken gewesen wäre.
Wikiloc wurde schnell befragt und wir stellten fest, dass es von unserem Platz aus, hinter der Leitplanke, einen Weg hinunter gab. Da hatten wir doch alles richtig gemacht.
Über losen Schotter und wackelige Flusssteine (größere und kleinere) suchten wir uns den Weg zum Wasserfall. Eine Herde Schafe schaute ganz irritiert, warum sie beim Grasen gestört werden.
Rote und schwarze Pfeile wiesen den Weg, wobei ich mich von einem roten Pfeil hatte irritieren lassen. Denn dieser zeigte auf den Ausstieg zur Straße, die weiter oben lag. Da war ich ein wenig falsch unterwegs. Frank hatte es natürlich schon längst geblickt und den richtigen Weg zum Wasserfall eingeschlagen.
Wobei er meinte, dass da eh kein Wasser fließt und wir uns den Weg hinunter in den Canyon sparen sollten. Zumal der Weg auch nichts für Angsthasen oder Fallsüchtige ist. Ich wusste, dass die Kulisse super schön ist und schritt daher voran. Frank folgte mir. Vorsichtig gingen wir in den Canyon hinunter und näherten uns dem derzeit nicht vorhandenen Wasserfall.
Etwas zappelndes in einem Dornenstrauch erregte meine Aufmerksamkeit. Da flatterte doch tatsächlich ein kleines Vögelchen verzweifelt im Busch und kam nicht von einer Dorne los. Ich zog mein Langarmshirt aus und griff behutsam nach dem Vogel, während Frank mit der Stange von der GoPro den Ast anhob, und schon hatten wir das Vögelchen befreit. Es flog schneller davon als wir gucken konnten. Eine gute Tat für heute vollbracht 😊
Wir umrundeten einen Felsen, der sich dann als ein Felsbogen entpuppte. Wie durch ein Tor schritten wir durch das Loch im Felsen und hatten sofort den Wasserfall im Blick. Wenn denn Wasser fließen würde. Die Kulisse war dennoch grandios. Denn dort, wo der Wasserfall eigentlich wäre, gab es auch noch einen Felsbogen, wie ein Fenster sah das aus.
Und da alle guten Dinge drei sind, befand sich unterhalb des Beckens und des weiteren Verlaufs des Wasserfalls noch ein Felsbogen. Wirklich super schön und toll. Entdecken konnten wir diesen nur, weil im Moment kein Wasser aus dem Becken weiter hinunter in den Canyon floss und wir somit trockenen Fußes uns in dem Bereich bewegen konnten.
Auf dem Rückweg schauten uns die Schafe wieder ganz verwirrt an und rannten, angeführt vom Leitschaf mit der Glocke, blitzschnell an uns vorbei.
Inzwischen war es Mittagszeit und mangels Brot (das muss noch gebacken werden) verputzten wir die Reste der gebratenen Mettwurst. Wir wollten gerade wieder einsteigen, um weiterzufahren, als ein Hund uns entgegenkam, der irgendwas mit sich schleppte. Wollten wir wirklich wissen, was er da als Beute hat? Sicherheitshalber stiegen wir in Allmo ein. Es stellte sich als ein Stück von einem Schaf heraus. Na, guten Appetit.
Ali Pasha Aquädukt
Von um die tausend Höhenmetern fuhren wir mit jedem Kilometer ein Stück hinunter. Unterwegs hielten wir nach einem möglichen Schlafplatz Ausschau. Akzeptabel wäre ein Aussichtspunkt gewesen, von welchem wir fast einen 360-Grad-Blick auf die Kurvelesh Region hatten. Doch die Stromleitungen störten uns. Direkt unter diesen wollten wir nicht übernachten. Also fuhren wir noch ein wenig weiter. Ein paar Serpentinen lagen vor uns und dann erblickten wir auch schon das Ali Pasha Aquädukt.
Vor dem Aquädukt befand sich eine geschotterte Fläche, voller Ziegenkötel, auf die wir Allmo abstellten. Emma hatte schon seit ein paar Kilometern kräftig ihren Unmut geäußert (kann auch nur Hunger gewesen sein) und wir mussten noch Brot backen, solange es Trocken ist. Also entschieden wir einfach dort stehen zu bleiben. In der Nacht wird hoffentlich der sporadische Autoverkehr ganz zum Erliegen kommen.
Während das Brot im Ofen war, gingen wir uns das Aquädukt näher anschauen. Theoretisch führt ein 3,7 Kilometer langer Wanderweg von hier bis zu einer alten Brücke vor Tepelena. Eine große Tafel informierte darüber. Vorbei am Flussbett. Kann man machen, kann man auch sein lassen. Wir hatten für heute schon genug erlebt und begnügten uns mit dem Gang zum Aquädukt.
Später bereiteten wir uns das gestern gekaufte Schweinefleisch zu, welches sich als Schnitzel erwies. Dazu gab es gekochte Kartoffeln und Möhren. Während wir das Essen zubereiteten, kam zunächst eine kleine Herde Ziegen und Schafe und dann noch zwei größere Ziegenherden an uns vorbei. Kein Wunder, dass die ganze Straße schwarz gepunktet ist und es auch leicht nach Dung riecht. Einer der Hütehunde hielt uns bellend in Schach, damit wir bloß keine seiner Ziegen klauen.
Von einem Herrn bekamen wir einen Granatapfel geschenkt. Seine Begleiterin versuchte italienisch mit mir zu sprechen und ich antwortete in Spanisch. Ein wenig ärgerte ich mich, dass ich nicht mit Hilfe von Duolingo ein paar italienische Wörter vor der Reise gelernt hatte. Von unserer letzten Reise durch Albanien wussten wir ja, dass die Albaner am ehesten italienisch sprechen.
Ein paar der vorbeifahrenden Fahrzeuge hupten und winkten. Und das sind dann die Momente, die vergessen lassen, dass ein paar armselige Idioten meinen Touristen abzocken zu wollen. Denn es gibt ganz viele andere Menschen, die nicht so denken und einfach freundlich sind.
Unsere warme Mahlzeit genossen wir mit Blick auf die Kurvelesh Berge und das Aquädukt. Nach dem Abwasch verkrochen wir uns in Allmo und dann war auch schon fast wieder dunkel.
Mittwoch, 13. November 2024
Die liebe kleine Katze macht es sich zur Gewohnheit nachts Boxkämpfe mit mir ausfechten zu wollen. Hoffentlich wird sich diese Unart recht bald wieder legen. In der Nacht fuhr vielleicht ein Auto die Straße entlang, ansonsten war es sehr ruhig. Der zunehmende Mond strahlte die Landschaft um uns herum an. Der gemeldete Regen (immerhin 50 % Wahrscheinlichkeit) blieb sowohl am Nachmittag als auch in der Nacht aus.
Frank musste morgens dringend telefonieren und wir fuhren dazu die wenigen Kilometer bis nach Tepelena.
tbc