Die Aradena Schlucht war unser heutiges Hauptziel. Auf dem Weg dorthin stoppten wir in Chora Sfakion. Vorsichtshalber parkten wir Allmo auf dem eigentlichen Bus-Parkplatz. Später sahen wir, dass auch auf dem Pkw-Parkplatz alles frei war. Zu dieser Jahreszeit scheint der Ort wenig attraktiv zu sein.

In der Saison ist das Parken in Chora Sfakion kostenpflichtig. Schilder zeigen die Gebühren an. Für den Tag sind 3 Euro zu bezahlen. Weitere Preise habe ich mir nicht gemerkt. Von Chora Sfakion legen Fähren ab, die nach Loutra oder zum Sweet Water Beach fahren. Über Wanderwege sind diese Orte auch erreichbar. Mit dem Boot geht’s natürlich einfacher und ist weniger gefährlich. Die Wanderwege sind nur ein schmaler Pfad, der am Steilhang entlang führt.

Bötchen fahren wollten wir nicht, sondern einkaufen. Zuvor sahen wir uns noch die Reste des Kastells an, welches sich leicht erhöht auf einem Hügel befindet. Von dort blickten wir auf den Hafen und sahen in der Ferne die Serpentinen, die uns rauf zur Aradena Schlucht bringen. Auch das Alliierten-Memorial sahen wir uns an.



Trotz des Winterschlafs hatten wir Glück, dass immerhin ein Bäcker und auch ein Mini-Markt geöffnet hatten. Wir brauchten dringend Trinkwasser, was es dort gab. Ein paar Kekse landeten auch im Einkaufskorb.

Nach dem die wenigen Einkäufe verstaut waren, nahmen wir Kurs auf die 20 Serpentinen, die uns vom Meeresspiegelniveau auf rund 600 Metern brachten. Die Straße war normal breit, durch Leitplanken gesichert und sehr gut zu befahren. Allmo schraubte sich höher und höher. Wir blickten auf die Küste, die wir hinter uns gelassen hatten und ab und zu konnten wir einen Blick auf den Pachnes, mit seiner schneebedeckten Spitze, werfen. Doch die meiste Zeit versteckte sich dieser in den Wolken.

Immer wieder standen oder lagen Ziegen auf oder neben der Straße. Später trafen wir auf eine Schafherde. Bei einer der Ziegen, die am Straßenrand hinter der Leitplanke lag, meinte Frank, „oh nein, die stirbt“. Und dann „ach, nein, die bekommt ein Baby“. Eine Serpentine darüber stand der Hirte mit seinem Pickup und hatte den Geburtsvorgang im Blick. Denn ganz in der Nähe kreisten mehrere Geier und warteten wohl darauf etwas abgreifen zu können.



Anopolis ist der letzte Ort vor der Aradena Schlucht. Dort hätte es auch einen geöffneten Mini-Markt gegeben. Aber das konnten wir ja nicht wissen. Weil sich die Feuerwache von Anopolis auf dem Weg befand, stoppten wir davor am Straßenrand. Ein neuerer Eurocargo und ein älterer kleiner Unimog standen dort unter der Überdachung. Daneben noch ein paar kleine Fahrzeuge.

Natürlich wurden zwei Feuerwehrmänner auf uns aufmerksam. Der ältere der beiden war mehr als begeistert. Er sprach nur sehr wenig englisch, war aber sehr neugierig und wollte alles sehen. Und so Worte wie Toilette, Bett, Küche, … verstand er dann. Auch die griechischen Worte dafür klangen vertraut (erinnerte mich an Spanisch). Sein Kollege übersetzte ein wenig, konnte die Begeisterung allerdings nicht so teilen. Zur Erinnerung gab es ein Foto mit dem sehr interessierten Feuerwehrmann aus Anopolis.



Und dann lag sie auch schon fast vor uns, die Aradena Brücke, die über die gleichnamige Schlucht führt. Wir stoppten zunächst auf dem Parkplatz, der sich etwas erhöht rechts vor der Brücke befindet.

Während Frank einmal über die Brücke fuhr und wieder zurück, filmte ich ihn dabei. Die Aradena Brücke ist für Fahrzeuge bis 20 Tonnen zugelassen. Wir mussten uns also keine Gedanken machen, ob sie uns tragen wird. Von all den mit holzbeplankten Stahlbrücken, die wir auf der diesjährigen Überwinterung bisher befahren hatten, war dies die augenscheinlich stabilste Brücke. Was die Spannweite und die Tiefe der Schlucht betrifft allerdings auch die Spektakulärste. Natürlich klapperte sie ganz schön, als wir drüber fuhren.



Die Brücke ist die Spende eines Griechen, der ursprünglich aus dem Dorf Agio Ioannis stammt (dieses befindet sich auf der anderen Seite der Aradena Schlucht). Dieser Herr war in die USA ausgewandert, zu Geld gekommen und spendete diese Brücke seinem Heimatdorf. Im Jahr 1986 wurde die Brücke errichtet und ist somit genauso alt wie Allmo.

Unter der Brücke geht es rund 138 Meter in die Tiefe. Im Sommer finden Bungee Sprünge von der Brücke statt. Es soll in Europa die zweithöchste Sprungplattform sein.

Vor dem Bau der Brücke mussten die Bewohner des nördlich gelegenen Dorfes den beschwerlichen Fußweg in die Schlucht hinunter und auf der anderen Seite wieder hoch nutzen. Auf beiden Seiten befinden sich Serpentinen-Fußwege. Heute dienen diese den Wanderern, die von der Aradena Brücke durch die Schlucht bis ans Meer laufen als Zugang zur Schlucht.

Unmittelbar hinter der Brücke befindet sich ein halbverlassenes Dorf. Dort fand die letzte Blutrache auf Kreta statt. Das mal komplett verlassene Dorf wird mittlerweile wieder teilweise bewohnt. Ein paar Gebäude wurden neu aufgebaut. Ziegen wohnen dort natürlich auch.



Nachdem Frank mit Allmo allein über die Brücke gefahren war, durfte ich bei der dritten Überquerung auch mitfahren. Wir parkten Allmo an dem kleinen Kiosk, der sich am nördlichen Ende der Brücke befindet. Dieser hat – wie sollte es anders sein – momentan geschlossen.

Ich hatte seit Tagen mit mir gehadert, ob ich es allein wagen soll, durch die Aradena Schlucht bis zum Meer (Paralia Marmara) zu laufen.  Frank könnte dann unten auf mich warten. Interessant wäre die Wanderung allemal, zudem die Wände recht nah beisammen stehen. Deshalb wird aber auch vor Steinschlag oder herabfallenden Schafen/Ziegen gewarnt. Zudem gibt es ein paar abenteuerliche Passagen (über lange beinah senkrecht stehende Metallleitern oder an einem Seil entlang). Für die rund 7 Kilometer wird eine Wegezeit von 3 – 4 Stunden angegeben. Und dann müsste ich ja noch vom Strand über einen schmalen Pfad am Hang entlang zu dem Strand Paralia Likos laufen, zu dem er fahren kann.

Insgesamt ist die Aradena Schlucht 15 Kilometer lang. Sie beginnt an den südlichen Ausläufern der White Mountains (Lefka Ori).



Letztlich entschied ich mich gegen diese Wanderung. Zum einen wäre es konditionell eine Herausforderung geworden, zum anderen hätte ich meine Knie danach vermutlich austauschen können. Abgesehen davon, wäre es vermutlich auch ein recht hohes Risiko diese Wanderung allein zu beschreiten. Und da wir noch ein paar schöne Wochen auf Kreta verbringen wollen, siegte die Vernunft.

Stattdessen sahen wir uns nur das halb verlassene Dorf Ancient Araden an, wo die letzte Blutrache stattfand. Der Weg durch das Dorf mit seinen Häuserruinen und den wenig wiederhergestellten Häusern ist mit Pfeilen gekennzeichnet. Die roten Pfeile führten uns zum Beginn der Wanderung durch die Aradena Schlucht. Die schwarzen Pfeile wiesen den Weg zur Kirche des Erzengels Michael. Diese war verschlossen.



Zurück bei Allmo beglückten wir noch eine Katze mit Emmas verschmähten Futterresten. Frank fuhr dann ohne mich ein viertes Mal über die Brücke und ich ging zu Fuß hinterher. Die Schlucht sieht schon gigantisch aus und wäre bestimmt ein absolutes Highlight. Aber eben auch Horror pur. Allein die beiden Serpentinenwege, die in die Schlucht führen, wirken sehr abschreckend.

Theoretisch könnte man auf einem der Plätze vor oder hinter der Brücke übernachten. Doch auf etwas über 600 Metern wird es in der Nacht bestimmt frisch und weil es gerade mal gegen Mittag war, fuhren wir noch bis ans Meer.

Tbc

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