
Das kleine Dorf Loutro ist nur über einen Wanderweg oder per Boot zu erreichen. Mit Allmo fuhren wir bis zum Likos Beach, von dort aus hält sich die Wanderung nach Loutro in Grenzen.
Eine etwas mehr als einspurige, unbeplankte Straße führte uns hinunter in Richtung Finika (Phoenix) bzw. den Paralia Likos. Auf 9 Kilometer ließen wir 600 Höhenmeter hinter uns. Die Serpentinen waren alle gut zu fahren. Gegenverkehr hatten wir keinen, was es für uns sehr angenehm machte.
Bereits von weiter oben sah ich an dem für uns als Übernachtungsplatz ins Auge gefassten Ort Schafe oder Ziegen herumlaufen. Mal sehen, ob es dort überhaupt möglich ist zu übernachten. Bei P4N ist dieser Platz jedenfalls nicht gelistet.
Kurz vor dem Ziel musste Frank dann tatsächlich in einer engen Kurve kurz zurücksetzen, weil wir sie im ersten Anlauf nicht direkt nehmen konnten. Aufgrund unseres kurzen Randstandes (3,20 m), ist sowas wirklich die Ausnahme. Aber ab und an kommt es dann doch vor.
Wenige Meter später gelangten wir in eine Straßenblockade. Eine größere Schafherde hatte es sich auf dem Asphalt gemütlich gemacht. Die Mütter mit ihren Lämmern waren so gar nicht willens sich auch nur einen Millimeter fortzubewegen. Doch Allmo musste kurz Dampf ablassen (die Luftdruckbremse macht dies von Zeit zu Zeit und jetzt war es gerade so weit), so dass die Wegelagerer aufgaben und langsam rechts und links der schmalen Straße für uns Platz machten.
Kleine Schottersteine lagen am Wegesrand, gefühlt wurde die Spur immer schmaler. Um die nächste Kurve sah ich dann auch schon das nächste Grauen vor mir. Der Beton endete abrupt und es tat sich ein sehr ungleichmäßiger geschotterter Boden auf. Die Fläche war zudem von Ziegen belagert. Und es gab einen eingezäunten Bereich mit Wasser- und Futtertrögen. Mein erster Gedanke war „Sch…, warum bringe ich uns immer in solche Sitationen?“ (in Bezug auf den ausgewaschenen / weggespülten Bodenbelag). Mein zweiter Gedanke war: „Na, ob wir da zwischen Ziegen und Schafen so gut stehen? Und ob der Hirte nicht etwas dagegen hat?“
Letztlich meisterte Allmo die Bodenunebenheiten mit Bravour. Nur die eh schon defekte Tankklappe musste nachher wieder geradegebogen werden. Die Ziegen machten breitwillig Platz, als das große rote Ding auf den Platz fuhr. Vermutlich waren sie so beeindruckt, dass das Ding es bis auf die Freifläche geschafft hat, dass sie großen Respekt hatten.
Nachdem wir eingeparkt hatten, war es auch schon Zeit für unseren Mittagssnack. Während wir diesen auf der Küchenseite zubereiteten, pirschten sich die Ziegen von der anderen Seite an Allmo heran. Ein paar fühlten sich ertappt und verschwanden schnell. Doch ein paar ganz neugierige Exemplare interessierten sich für uns und insbesondere für unsere Brote. Vielleicht waren sie auch nur hungrig. Anfänglich belagerten sie Frank, was ich sehr amüsant fand. Doch dann bemerkten sie mich und meine Brote. Das war weniger lustig. Eine Ziege versuchte dann noch die Schlinge von Franks Stuhl zu fressen und erschrak sich, als der Stuhl um fiel. Keine Sorge, Frank stand zu dem Zeitpunkt und ist nicht mit umgefallen. Das wäre an der Stelle auch äußert blöd, weil wir zwischen fielen Steinen saßen.
Ohne Beute zog die Ziegen-Meute ab und wir blieben mit den Ziegen und Schafen, die sich hinter Gittern befanden, zurück. Während Frank in der Sonne bei Allmo saß, sah ich mich in der Umgebung um.
Entlang des Strandes ist der Weg markiert, der zum Wanderweg E4 (ganz Kreta scheint aus diesem Wanderweg zu bestehen) und somit zum Paralia Marmara führt, dem Ende (oder Anfang) der Aradena Schlucht. Am Ende des Strandes geht’s die Felsen hinauf. Da dieser Weg von einer Ziege blockiert wurde, ging ich nicht weiter.
Stattdessen blickte ich auf den interessanten „Handlauf“ rechts von mir.
Ein halb zugemauerte Höhleneingang weckte mein Interesse, doch bereits im Eingangsbereich lagen Hufe, Beine, Fell. Also werden an der Stelle verendete Tiere abgelegt. Es roch auch etwas nach Verwesung, schnell ging ich davon weg.
Über die am Meer liegenden Felsplatten gelangte ich trockenen Fußes in die nächste Bucht. An deren Ende sah ich mir das Loch im Felsen näher an, welches sich als eine Höhle mit einem weitern Ausgang entpuppte. Von der Decke tropfte es an mehreren Stellen. Kurz hinter dem anderen Höhlenausgang war dann Ende. Von dort aus geht es nur noch schwimmend weiter.
Ich kehrte zu Frank zurück, um ihm von meiner Entdeckung zu berichten. Er hatte das mit der Höhle bereits vermutet, weil dies von Allmo aus zu erkennen war. Eigentlich wollte ich mich schnellstmöglich im Wasser abkühlen, aber eine Dame kam, um die Schafe und Ziegen herauszulassen.
Ich erkundigte mich, ob es okay ist, dass wir hier stehen, was sie bestätigte. Die gemischte Herde verließ nach und nach das Gehege. Zurück blieben zwei Ziegen-Mütter mit ihren sehr kleinen Zicklein. Ach, was sehen die süüüüüüß aus. Diese befanden sich in einem separat eingezäunten Bereich mit Heuballen und durften nun, da die anderen unterwegs waren, durch das gesamte Gelände stromern. Es war so süß die kleinen Zicklein aufgeregt hüpfen oder bei der Mama saugen zu sehen.
Was diese Idylle etwas störte, war ein kleines schwarzes Lamm. Nur etwas größer als die beiden Zicklein. Es meckerte die ganze Zeit, weil es seine Mama verloren hatte. Als das Gatter sich öffnete ging ein Teil der Tiere zum Strand, manche folgten dem Wanderweg E4 und wieder andere wanderten die Felsen hoch.
Das kleine Lamm hatte beim Erkunden der Felsen den Überblick verloren, wo seine Mama war und rief die ganze Zeit. Doch die Schafmama hatte entweder nicht bemerkt, dass ihr Baby fehlte oder es brauchte mal eine Pause. Und das Lamm schrie und schrie. Pausenlos. Frank und ich stellten fest, dass es doch noch etwas schlimmeres als eine schreiende Katze gibt 😉
Ich sah mich noch ein wenig auf der anderen Seite um, wo sich ein etwas längerer Kiesstrand befindet. Dieser ist durch einen Zaun und ein Tor vor dem Zugriff von Ziegen und Schafen geschützt. Ich erfrischte mich kurz im Wasser und kehrte dann zu dem schreienden Lamm zurück.
Irgendwann, wir hatten schon gar nicht mehr dran gedacht, hörten wir ein älteres Schaf blöken. Das kleine Lamm machte sich meckernd auf den Weg, aus der das Blöken kam. Es flog regelrecht über die Felsen und siehe da: Mama und Lämmchen waren vereint. Das Kleine trank erstmal gierig und dann trollten sich beide davon. Es gab also doch noch ein Happy End und wir hatten unsere Ruhe.
Frank ging später auch noch zu der Höhle und dann bereiteten wir ein sehr frühes Abendessen zu. Es gab wieder griechische Wurst (frisch gebraten) mit den restlichen Nudeln. Inzwischen wechselten sich Sonne und Wolken ab. Ohne Sonne war es mir direkt zu frisch. Oberhalb der Berge hinter uns (also aus der Richtung, aus der wir gekommen waren) bewegten sich dunkle Wolken. Für morgen ist Regen gemeldet. Leider sind die Wetterfrösche sich nicht einig, zu welcher Zeit es regnen soll. Auch wenn es Frank nicht gefällt, werden wir nur im Hubdach schlafen. Sicher ist sicher.
Ob ich morgen nach Loutro wandern kann, wird sich morgen früh zeigen.
Mit dem Blick auf Millionen von Sternen schliefen wir ein.
Donnerstag, 30. Januar 2025
Auch in dieser Nacht war Emma wieder unzufrieden und musste uns dies mehrfach und lautstark mitteilen. Eigentlich gut für uns, denn somit waren wir früh wach. Der erwartete Regen war bisher ausgeblieben, doch der Blick auf drei verschiedene Wetter-Apps prognostizierte mit fast 100 %iger Wahrscheinlichkeit, dass es ab 11 Uhr regnen wird.
Wenn ich bzw. wir nach Loutro wandern wollten, dann sollten wir möglichst früh aufbrechen. Dies hielt die Chance gering (sehr) nass zu werden. Es war dann doch schon fast halb 9 Uhr, als wir losliefen. Der Himmel verhieß nichts Gutes. Nicht nur in den Bergen hingen sehr dunkle Wolken.
Zunächst hielten uns die Schafe von einem sofortigen Start ab. Wir sahen uns zunächst noch die Machtkämpfe (oder war es Mobbing?) an. Mit Anlauf griff ein Schaf ein anderes an und es knallte gewaltig, als die Hörner gegeneinander stießen. Die Ziegen sahen gelangweilt zu und das kleine schwarze Schaf, dass gestern so lange nach seiner Mama geschrien hatte, hüpfte fröhlich um die Mama herum. Nachdem die Schafe und Ziegen gestern Nachmittag freigelassen wurden, waren diese zum Sonnenaufgang zurückgekehrt und warteten auf der Fläche vor dem Gehege darauf wieder eingelassen zu werden. Drei ganz schlaue Ziegen, hatten es irgendwie geschafft den Drahtmattenzaun zu überwinden und fraßen sich am Heu satt.
Wir irrten zunächst ein wenig durch die Anlagen am Strand von Likos. Wegweiser waren plötzlich keine mehr zu finden. In der hinteren Anlage trafen wir auf eine Deutsche, die uns zurück zur Taverne schickte. Dort müssten wir die Treppe hinauf.
Und siehe da … Plötzlich entdeckte ich auf dem Boden ganz schwach den Schriftzug Loutro und einen Pfeil. Tatsächlich mussten wir über die Terrasse der Taverne und die schmale Treppe hoch. An der rechten Wand neben der Treppe stand auch E4 und Loutro. Wer lesen kann … Letztlich gelangten wir auf die Straße, von der wir gestern rechts abgebogen waren und auf die Wegelagerer-Schafe trafen. Jetzt kamen wir vom Strand (der Abzweig lag links). Wir mussten durch zwei Drahtmatten-Zäune. In dem einen Bereich wohnten die Schafe, in dem anderen liefen unzählige Ziegen – Kleine und Große – umher. Noch hatten sie keinen Ausgang.
In der engen Kurve, in der Frank gestern Allmo zurücksetzen musste, bogen wir auf den Trampelpfad ab. Gelbschwarze Pfeile wiesen uns den Weg. Mehrfach mussten wir Tore öffnen, die verhindern, dass die Schafe und Ziegen durch Appartementanlagen spazieren.
In dem kleinen verschlafenen Nest Finika (Phoenix) wurde fleißig an Häusern gewerkelt. Der kleine Hafen lag verlassen da. Wir umrundeten das Hafenbecken und mussten uns dann entscheiden, welchen der beiden Wege wir nach Loutro einschlagen wollen. Da wir einem Rundweg von Wikiloc folgten, war es im Grunde egal, weil wir eh in beide Richtungen laufen werden.
Wir entschieden uns für den längeren Weg, der uns über den Hügel in Richtung Loutro brachte. Der Weg war anfangs mit Solarlampen ausgestattet. Frank konnte darüber nur schmunzeln.
Unterwegs kamen wir an den Ruinen eines ehemaligen Dorfes (Ancient Phoinix) vorbei. Teilweise waren zwischen all den Steinen noch andeutungsweise die Wege zu erkennen. Aber wirklich nur andeutungsweise.
Nach dem wir die kleine Kirche passiert hatten, liefen wir geradewegs auf Loutro zu. Irritiert waren wir über ein Moped, welches neben einer geschlossenen Taverne parkte. Von den Überresten des Kastells blickten wir das erste Mal auf Loutro.
Die weißen Häuser sind entlang des Hafenbeckens gebaut und strahlten in der Sonne. Ja, sie schien tatsächlich. Noch! Das Wasser schimmerte teilweise türkisblau und war glasklar. Ein herrlicher Fleck! Im Hafen von Loutro stand ein Kran. Irgendwie müssen schließlich (Bau)Materialien etc, in dieses Dorf gelangen. Über die Wanderpfade wäre das doch sehr umständlich.
Auch Touristen (ob Tagestouristen oder Urlauber, die länger bleiben) Reisen über den Seeweg von Chora Sfakion nach Loutro. Daher auch die Bezahlt-Parkplätze für die Fahrzeuge in Chora Sfakion. Es gibt aber auch Bootstouren zum Sweet Water Beach.
Vor einem verlassenen Lokal saßen ein paar Herren beim Plausch. Mit uns hatten sie vermutlich am allerwenigsten gerechnet. Wir grüßten freundlich und liefen weiter durch den kleinen Ort.
Die Markisen vor den Geschäften waren eingefahren. Eine – vermutlich Holzterrasse – über dem Wasser fehlte gänzlich. Jetzt ragten nur noch die Metallarme über dem Wasser.
Gefühlt blickten uns an jeder Ecke in Loutro Katzen entgegen. Miau, wir haben Hunger. Kommt uns irgendwie bekannt vor. Nur dumm, dass wir nichts zu fressen dabei hatten. Wir lernen halt nie aus. Auch in Loutro waren Handwerker zu Gange. Elektroarbeiten, aber auch andere Handwerkertätigkeiten wurden ausgeübt. Für die nächste Saison muss alles wieder auf Vordermann gebracht werden.
Der Weg hinaus aus dem Dorf, zurück nach Poenix bzw. dem Likos Beach ist ausgeschildert. Wobei man dies auch gut übersehen kann, wenn man nicht drauf achtet. Dank Wikiloc wussten wir, wo wir abbiegen mussten. Wir umrundeten die kleine Kirche mit Abstand und mussten wieder den Hügel hinauf.
Der Weg führte automatisch am Loutro Fortress vorbei bzw. mussten wir nur kurz nach links abbiegen, um dieses näher zu betrachten. Dabei „stolperten“ wir über einen neuen, teergetränkten, Strommast. Gestern sahen wir, wie mit einem Helikopter Baumstämme = Strommasten verteilt wurden. Hier war also einer gelandet. Einfacher als mit einem Heli, kann so ein massiver Mast auch nicht hierhin transportiert werden.
Inzwischen hatte es sich immer weiter zugezogen. War das vermeintliche Donnergrummeln, als wir auf Loutro zuliefen, noch das Schlagen der Wellen gegen die Küste, so handelte es sich inzwischen tatsächlich im ein Donnergrummeln.
Schnell sahen wir uns die Reste der ehemaligen Festung an. Ziegen waren auch gerade neben der Festung unterwegs und fühlten sich durch uns ein wenig gestört.
Langsam mussten wir uns sputen, wenn wir trocken bei Allmo ankommen wollten. Wir liefen querfeldein und nicht den kleinen Umweg über Phoenix. Dies war auch gut so, denn auf den letzten rund 800 Metern, fing es dann tatsächlich an zu tröpfeln. Zum Glück nicht übermäßig viel und auch nicht sehr stark. Den Ziegen und Schafen, die inzwischen alle Freigang hatten, gefiel der Regen auch nicht. Sie stellten sich unter Bäumen oder Felsvorsprüngen unter. Bis wir Allmo erreicht hatten, machte der Regen eine kurze Pause.
Etwas über 2,5 Stunden und 6,8 km waren wir unterwegs. Gerne hätten wir in Loutro eine längere Pause bzw. überhaupt eine richtige Pause eingelegt. Doch das war nicht möglich, weil uns das schlechte Wetter verfolgte.
Bereits auf dem Rückweg bekam ich Regieanweisungen, wo ich mich gleich zum Filmen hinstellen muss. Wie Frank den Allmo am besten durch die Auswaschungen lenkt, besprachen wir auch. Vorsichtshalber legte Frank die Untersetzung ein. Nach den Auswaschungen führt der betonierte Weg recht steil berghoch und bei den vielen kleinen Steinen, die auf dem Weg liegen und der Nässe, kann es nicht schaden mit Untersetzung zu fahren.
Allmo fuhr elegant durch die Auswaschungen und schaffte auch den Versatz mit Leichtigkeit. Da hatte der Typ, der gestern Abend mit seinem Pritschenwagen kam und rückwärts durch das Tor wollte deutlich größere Schwierigkeiten gehabt. Im stockdunklen vielleicht auch nicht die beste Idee, durch die Löcher und Auswaschungen fahren zu wollen.
Kaum, dass alle Videos gedreht waren und wir das Schaf- und Ziegengelände hinter und gelassen hatten, fing es stärker an zu regnen. Wir schraubten uns die Serpentinen hoch. Die Landschaft um uns herum versankt im Einheitsgrau. Wie herrlich war doch gestern der Blick auf die Küste. Teilweise fiel der Regen fast waagerecht. Blitze durchzogen den Himmel.
Die 600 Höhenmeter meisterte Allmo mühelos. In Anopolis hielten wir an dem kleinen Mini-Markt an. Frank war gestern eingefallen, dass er nur noch eine Limo-Flasche hat. Und je nach dem, wie lange wir jetzt noch an der Südküste bleiben, ist kein anderer Supermarkt in Sicht (nur der in Chora Sfakion, in dem wir gestern waren). Der Tante-Emma-Laden verfügte über alles, was man braucht. Wir begnügten uns mit Limo, etwas Gemüse und Wurst.
Nachdem Allmo uns vom Meer 600 Meter hoch gefahren hatte, musste er uns nun wieder runter ans Meer bringen. Es regnete immer noch und kurzzeitig war die Sicht ganz miserabel. Doch nach den ersten Serpentinen, die uns von Anopolis nach Chora Sfakion bringen sollten, wurde es am Himmel etwas heller. Der Regen stoppte und es wurde mit jedem Kilometer, den wir fuhren, freundlicher.
tbc